Carl I. von Heinrich Heine

Im Wald, in der Köhlerhütte sitzt
Trübsinnig allein der König;
Er sitzt an der Wiege des Köhlerkind’s
Und wiegt und singt eintönig:
 
Eyapopeya, was raschelt im Stroh?
Es blöken im Stalle die Schafe –
Du trägst das Zeichen an der Stirn
Und lächelst so furchtbar im Schlafe.
 
Eyapopeya, das Kätzchen ist todt –
10 
Du trägst auf der Stirne das Zeichen –
11 
Du wirst ein Mann und schwingst das Beil,
12 
Schon zittern im Walde die Eichen.
 
13 
Der alte Köhlerglaube verschwand,
14 
Es glauben die Köhlerkinder –
15 
Eyapopeya – nicht mehr an Gott
16 
Und an den König noch minder.
 
17 
Das Kätzchen ist todt, die Mäuschen sind froh –
18 
Wir müssen zu Schanden werden –
19 
Eyapopeya – im Himmel der Gott
20 
Und ich, der König auf Erden.
 
21 
Mein Muth erlischt, mein Herz ist krank,
22 
Und täglich wird es kränker –
23 
Eyapopeya – du Köhlerkind
24 
Ich weiß es, du bist mein Henker.
 
25 
Mein Todesgesang ist dein Wiegenlied –
26 
Eyapopeya – die greisen
27 
Haarlocken schneidest du ab zuvor –
28 
Im Nacken klirrt mir das Eisen.
 
29 
Eyapopeya, was raschelt im Stroh?
30 
Du hast das Reich erworben.
31 
Und schlägst mir das Haupt vom Rumpf herab –
32 
Das Kätzchen ist gestorben.
 
33 
Eyapopeya, was raschelt im Stroh?
34 
Es blöken im Stalle die Schafe.
35 
Das Kätzchen ist todt, die Mäuschen sind froh –
36 
Schlafe, mein Henkerchen, schlafe!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.3 KB)

Details zum Gedicht „Carl I.“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
202
Entstehungsjahr
vor 1851
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Heinrich Heine, ein deutscher Dichter aus dem 19. Jahrhundert, der von 1797 bis 1856 lebte. Seine Schaffenszeit fällt damit in die Epoche der Romantik.

Das Gedicht 'Carl I.' erzählt eine Geschichte in achteinhalb Strophen. Es scheint auf den ersten Blick eine Szene in einem Köhlerhaus darzustellen. Ein König sitzt alleine in einer Hütte und wiegt ein Köhlerkind in einer Wiege, während er wiederholend ein seltsames Wiegenlied singt, das oft den Ausdruck „Eyapopeya“ enthält.

Im Verlauf des Gedichts wird jedoch klar, dass der König die Zukunft fürchtet, in der das Köhlerkind ihn absetzen und womöglich töten wird. Er beschreibt eine Veränderung im Glauben der Köhler, die nicht mehr an Gott oder den König glauben, und er sieht im Schlaf des Kindes bereits Anzeichen für den kommenden Wandel ('Du trägst das Zeichen an der Stirn').

Er betrachtet das Kind als seinen zukünftigen Henker und resigniert vor seiner unvermeidlichen Zukunft. Das Gedicht endet mit dem König, der das Köhlerkind in den Schlaf singt, während er über sein unausweichliches Schicksal nachdenkt.

Heines Gedicht zeigt sein typisches Spiel mit bildhafter Sprache und ironischer Wendung. Die wiederholte Benutzung des Ausdrucks „Eyapopeya“ unterstreicht die Tragik und Resignation des Königs. Dieser Ausdruck hat keine direkte Übersetzung, sondern steht hier vor allem für die Eintönigkeit und Melancholie des Königs.

Die Strophen sind jeweils vierzeilig. Jede Strophe, mit Ausnahme der letzten, hat den gleichen Aufbau: zwei Verse, die das Lied des Königs darstellen und seinen derzeitigen Zustand oder seine Gefühle widerspiegeln, gefolgt von zwei weiteren Versen, die seine düsteren Vorahnungen für die Zukunft zeigen.

Insgesamt ist Heines Gedicht ein beeindruckendes Beispiel für die pessimistische Weltanschauung der Spätromantik und dessen reflektierte Distanz zur Wirklichkeit. Es thematisiert die Endlichkeit der Macht und die Unausweichlichkeit des Wandels, sowie das Spannungsfeld zwischen Schicksal und Freiheit.

Weitere Informationen

Heinrich Heine ist der Autor des Gedichtes „Carl I.“. Der Autor Heinrich Heine wurde 1797 in Düsseldorf geboren. Im Jahr 1851 ist das Gedicht entstanden. Hamburg ist der Erscheinungsort des Textes. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Junges Deutschland & Vormärz kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Heine handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 202 Wörter. Es baut sich aus 9 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Der Dichter Heinrich Heine ist auch der Autor für Gedichte wie „Ach, die Augen sind es wieder“, „Ach, ich sehne mich nach Thränen“ und „Ach, wenn ich nur der Schemel wär’“. Zum Autor des Gedichtes „Carl I.“ haben wir auf abi-pur.de weitere 535 Gedichte veröffentlicht.

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