Bürgerliches Weihnachtsidyll von Klabund

Was bringt der Weihnachtsmann Emilien?
Ein Strauß von Rosmarin und Lilien.
Sie geht so fleißig auf den Strich.
O Tochter Zions, freue dich!
 
Doch sieh, was wird sie bleich wie Flieder?
Vom Himmel hoch, da komm ich nieder.
Die Mutter wandelt wie im Traum.
O Tannenbaum! O Tannenbaum!
 
O Kind, was hast du da gemacht?
10 
Stille Nacht, heilige Nacht.
11 
Leis hat sie ihr ins Ohr gesungen:
12 
Mama, es ist ein Reis entsprungen!
13 
Papa haut ihr die Fresse breit.
14 
O du selige Weihnachtszeit!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Bürgerliches Weihnachtsidyll“

Autor
Klabund
Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
82
Entstehungsjahr
1927
Epoche
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Bürgerliches Weihnachtsidyll“ stammt von Klabund, einem expressionistisch-orientiertem Schriftsteller des frühen 20. Jahrhunderts. Da Klabund von 1890 bis 1928 lebte, lässt sich das Gedicht zeitlich in die Weimarer Republik einordnen.

Beim ersten Lesen entsteht ein unsicherer, teils schockierender Eindruck - die Verbindung von bekannten Weihnachtsmotiven mit der rohen, teils brutalen Realität wirkt unerwartet und provokativ. Dieses verstörende Bild verstärkt sich mit jedem Vers.

Der Inhalt des Gedichts ist eine ironische Darstellung eines traditionellen Weihnachtsbildes. Dabei werden bürgerliche Stereotypen, wie der Weihnachtsmann oder der Tannenbaum, durch die Realität kontrastiert. Das lyrische Ich operiert indirekt und verschraubt geschickt Tradition und Realität. Es handelt hier von einer Tochter, welche offensichtlich dem ältesten Gewerbe nachgeht (Strophe 1), von einer Mutter, die dies mitbekommt und von einem Vater, der darauf brutal reagiert (Strophe 3). Klabund nutzt hier geschickt die bekannten Anfangsverse von Weihnachtsliedern und gibt Ihnen eine neue, beunruhigende Bedeutung.

In Bezug auf die Sprache und Form lässt sich feststellen, dass das Gedicht deutlich von der Normalität abweicht. Es hat zwar eine klare Struktur mit drei Strophen, doch die Anzahl der Verse variiert zwischen vier und sechs. Klabund verwendet eine recht einfache Sprache, die aber durch die ironischen und drastischen Anspielungen eine doppelte Bedeutung erhält. Er spielt mit der Kontrastierung von traditionell-heimeliger Weihnachtsstimmung und brutaler gesellschaftlicher Realität. Der Rhythmus und die Reime durchbrechen die Erwartungshaltung und bringen die harsche Realität in das vermeintlich idyllische Weihnachtsfest.

Zusammenfassend ist „Bürgerliches Weihnachtsidyll“ ein kritisches Gedicht, das die bürgerliche Idylle als Fassade entlarvt und sozialkritisch demontiert. Seine Kraft und Wirkung zieht es aus der starken Kontrastierung von Tradition und harter Wirklichkeit.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Bürgerliches Weihnachtsidyll“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Klabund. 1890 wurde Klabund in Crossen an der Oder geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1927. Erschienen ist der Text in Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 82 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Der Dichter Klabund ist auch der Autor für Gedichte wie „Berliner Ballade“, „Berliner Mittelstandsbegräbnis“ und „Berliner in Italien“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Bürgerliches Weihnachtsidyll“ weitere 139 Gedichte vor.

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