Um die Harfe sind Kränze geschlungen von Clemens Brentano

Um die Harfe sind Kränze geschlungen,
Schwebte Lieb' in der Saiten Klang:
Oft wohl hab' ich mir einsam gesungen,
Und wenn einsam und still ich sang,
Rauschten die Saiten im tönenden Spiel,
Bis aus dem Kranze, vom Klange durchschüttert,
Und von der Klage der Liebe durchzittert,
Sinkend die Blume herniederfiel.
 
Weinend sah ich zur Erde dann nieder,
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Liegt die Blüte so still und tot;
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Seh' die Kränz' an der Harfe nun wieder,
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Auch verschwunden des Lebens Rot,
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Winken mir traurig wie schattiges Grab,
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Wehen so kalt in den tönenden Saiten,
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Wehen so bang und so traurig: Es gleiten
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Brennende Tränen die Wang' herab.
 
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Nie ertönt meine Stimme nun wieder,
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Wenn nicht freundlich die Blüte winkt;
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Ewig sterben und schweigen die Lieder,
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Wenn die Blume nur nicht mehr sinkt.
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Schon sind die meisten der holden entflohn;
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Ach! wenn die Kränze die Harfe verlassen,
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Dann will ich sterben; die Wangen erblassen,
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Stumm ist die Lippe, verhallt der Ton.
 
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Aber Wonn', es entsprosset zum Leben
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Meiner Asche, so hell und schön,
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Eine Blume. - Mit freudigem Beben
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Seh' ich Tilie so freundlich stehn.
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Und vor dem Bilde verschwindet mein Leid.
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Herrlicher wird aus der Gruft sie ergehen
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Schöner und lieblicher seh' ich sie stehen,
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Wie meinen Feinden sie mild verzeiht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Um die Harfe sind Kränze geschlungen“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
207
Entstehungsjahr
1778 - 1842
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht stammt von Clemens Brentano und ist der romantischen Epoche zuzuordnen, die sich im 19. Jahrhundert abspielte. Schon beim ersten Lesen wird deutlich, dass das lyrische Ich intensive Gefühle ausdrückt und eine starke Bindung zu seiner Harfe hat, die als Symbol für Liebe und Tod sowie für das Dilemma des Lebens verwendet wird.

Das Gedicht behandelt das Thema der Vergänglichkeit der Liebe und des Lebens. In den ersten Strophen drückt das lyrische Ich seine Traurigkeit und Einsamkeit aus, symbolisiert durch das Bild der fallenden Blüte von der mit Kränzen geschmückten Harfe und dem Ausdruck von Klagen und Tränen. Die Harfe, deren Saiten durch Schwingungen der Luft und Emotionen zum Klingen gebracht werden, symbolisiert hierbei die Emotionen des lyrischen Ichs.

In der Mitte des Gedichts kommt das Thema des Todes ins Spiel. Das lyrische Ich spricht davon, dass es nie mehr singen werde, wenn nicht die freudige Blüte aufleuchtet. Die fallende Blüte symbolisiert den Tod. Und wenn alle Blumen, so das Gedicht, von der Harfe fallen, wird das lyrische Ich sterben. Dies ist eine Metapher dafür, dass das lyrische Ich sich mit den Blumen, die fallen und sterben, solidarisiert.

In der letzten Strophe jedoch wendet sich das Gedicht zu einer positiven Seite. Das lyrische Ich spricht von Tilie, was als positiver Kontrast zu dem zuvor Ausgedrückten wirkt. Die neu erblühende Blume symbolisiert Hoffnung und Optimismus und steht in starkem Gegensatz zu der vorhergehenden pessimistischen Atmosphäre. So zeigt das Gedicht sowohl das Thema der Vergänglichkeit als auch das der Wiedergeburt.

Formal handelt es sich bei dem Gedicht um vier Oktaven, also Strophen mit jeweils acht Versen, in denen jeweils der erste und zweite, der dritte und vierte sowie der fünfte und sechste Vers reimt. Dabei verwendet Brentano eine lyrische und bildhafte Sprache, die von starken emotionalen Ausdrücken geprägt ist. Wörter wie „Liebe“, „Tränen“, „Erde“ und „sterben“ weisen auf die romantische Auseinandersetzung mit Themen wie Liebe, Tod und Vergänglichkeit hin. Dabei wirkt die Sprache durch die rhythmische Gestaltung melodiös und musikalisch, was die melancholische Stimmung des Gedichts unterstützt.

Zusammengefasst handelt es sich bei „Um die Harfe sind Kränze geschlungen“ um ein tiefgründiges Gedicht, das Emotionen wie Liebe und Traurigkeit thematisiert und dabei auf komplexe Weise Vergänglichkeit und Wiedergeburt miteinander verbindet. Es ist ein hervorragendes Beispiel für die bildhafte, emotional aufgeladene Sprache der Romantik.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Um die Harfe sind Kränze geschlungen“ ist Clemens Brentano. Geboren wurde Brentano im Jahr 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz). Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1794 und 1842. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Brentano ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kulturgeschichte, zeitlich anzusiedeln vom späten 18. Jahrhundert bis spät in das 19. Jahrhundert hinein. Auf die Literatur bezogen: von 1795 bis 1848. Sie hatte umfangreiche Auswirkungen auf Literatur, Musik, Philosophie und Kunst jener Zeit. Die Frühromantik lässt sich zeitlich bis in das Jahr 1804 einordnen. Die Hochromantik bis 1815 und die Spätromantik bis in das Jahr 1848. Die Welt, die sich durch die beginnende Verstädterung und Industrialisierung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Romantik. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. Beispielsweise gilt die Blaue Blume als das zentrale Motiv der romantischen Literatur. Sie symbolisiert Sehnsucht und Liebe und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Literatur der Romantik. Sie ist der Schauplatz für zahlreiche weitere Motive dieser Epoche: Vergänglichkeit, Tod und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und Klarheit der Gedanken, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unendlich. Dabei baut sie zwar auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 207 Worte. Weitere Werke des Dichters Clemens Brentano sind „Was reif in diesen Zeilen steht“, „Wenn der lahme Weber träumt, er webe“ und „Im Wetter auf der Heimfahrt“. Zum Autor des Gedichtes „Um die Harfe sind Kränze geschlungen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 298 Gedichte veröffentlicht.

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