Nun, gute Nacht! mein Leben von Clemens Brentano
1 |
Nun, gute Nacht! mein Leben, |
2 |
Du alter, treuer Rhein, |
3 |
Deine Wellen schweben |
4 |
Schon im klaren Sternenschein; |
5 |
Die Welt ist rings entschlafen, |
6 |
Es singt den Wolkenschafen |
7 |
Der Mond ein Lied. |
|
|
8 |
Der Schiffer schläft im Nachen |
9 |
Und träumet von dem Meer, |
10 |
Du aber, du mußt wachen |
11 |
Und trägst das Schiff einher. |
12 |
Du führst ein freies Leben, |
13 |
Durchtanzest bei den Reben |
14 |
Die ernste Nacht. |
|
|
15 |
Wer dich gesehn, lernt lachen; |
16 |
Du bist so freudenreich, |
17 |
Du labst das Herz der Schwachen |
18 |
Und machst den Armen reich, |
19 |
Du spiegelst hohe Schlösser, |
20 |
Und füllest große Fässer |
21 |
Mit edlem Wein. |
|
|
22 |
Auch manchen lehrst du weinen, |
23 |
Dem du sein Lieb entführt, |
24 |
Gott wolle die vereinen, |
25 |
Die solche Sehnsucht rührt. |
26 |
Sie irren in den Hainen |
27 |
Und von den Echosteinen |
28 |
Erschallt ihr Weh. |
|
|
29 |
Und manchen lehret beten |
30 |
Dein tiefer Felsengrund, |
31 |
Wer dich in Zorn betreten, |
32 |
Den ziehst du in den Schlund. |
33 |
Wo deine Strudel brausen, |
34 |
Wo deine Wirbel sausen, |
35 |
Da beten sie. |
|
|
36 |
Mich aber lehrst du singen, |
37 |
Wenn dich mein Aug' ersieht, |
38 |
Ein freudenselig Klingen |
39 |
Mir durch den Busen zieht. |
40 |
Treib fromm nur meine Mühle, |
41 |
Jetzt scheid' ich in der Kühle |
42 |
Und schlummre ein. |
|
|
43 |
Ihr lieben Sterne decket |
44 |
Mir meinen Vater zu. |
45 |
Bis mich die Sonne wecket, |
46 |
Bis dahin mahle du. |
47 |
Wird's gut, will ich dich preisen, |
48 |
Dann sing' in höhern Weisen |
49 |
Ich dir ein Lied. |
|
|
50 |
Nun werf' ich dir zum Spiele |
51 |
Den Kranz in deine Flut, |
52 |
Trag' ihn zu seinem Ziele, |
53 |
Wo dieser Tag auch ruht. |
54 |
Und nun muß ich mich wenden |
55 |
Und segnend dich vollenden |
56 |
Den Abendsang. |
Details zum Gedicht „Nun, gute Nacht! mein Leben“
Clemens Brentano
8
56
248
1778 - 1842
Romantik
Gedicht-Analyse
„Clemens Brentano (* 9. September 1778, † 28. Juli 1842) ist der Autor des vorliegenden Gedichts „Nun, gute Nacht! Mein Leben“. Brentano war ein bedeutender Vertreter der Heidelberger Romantik und hinterließ einen umfangreichen lyrischen Nachlass. Das konkrete Entstehungsdatum des Gedichts ist nicht angegeben, doch lässt sich davon ausgehen, dass es im Kontext der Romantik entstand, also im frühen 19. Jahrhundert.
Der erste Eindruck des Gedichts ist geprägt von einer ruhigen, nachdenklichen Atmosphäre. Es gibt eine direkte Ansprache an den Rhein, der als treuer Begleiter beschrieben wird. Ein starkes Gefühl der Verbundenheit und Wertschätzung für diesen Fluss wird deutlich.
Das lyrische Ich verabschiedet sich in diesem Gedicht vom Rhein und reflektiert dessen Bedeutung für das eigene Leben und für die Menschen, die dort leben. Der Rhein wird dabei mit vielfältigen Eigenschaften personifiziert: Er ist wachsam, frei, spendet Freude, Lachen, Reichtum, aber auch Sehnsucht, Wehmut und den Anlass für Gebete. Zudem wird das Eigenleben des Rheins hervorgehoben, das unabhängig vom menschlichen Schlaf und Wachen besteht und sein eigenes zeitliches und räumliches Ziel hat.
Formal handelt es sich bei diesem Werk um ein langes Gedicht, das aus acht Strophen besteht, jede bestehend aus sieben Versen. Die Sprache ist einfach und klar, es werden aber auch Metaphern und Personifizierungen verwendet, etwa wenn der Rhein als „alter, treuer“ Freund angesprochen wird oder ihm menschenähnliche Eigenschaften wie Wachen und Träumen zugeschrieben werden.
Im Ganzen wirkt das Gedicht wie eine Verabschiedung und Würdigung des Rheins aus persönlicher Perspektive. Es bringt die tiefe Verbundenheit des lyrischen Ichs mit der Natur und im besonderen mit dem Fluss Rhein zum Ausdruck, dessen Bedeutung weit über sein Dasein als geographisches Phänomen hinausgeht. Der Fluss wird dabei gleichzeitig als Quelle von Trost, Inspiration und Lebensfreude, aber auch von Wehmut und Kontemplation dargestellt.„
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Nun, gute Nacht! mein Leben“ ist Clemens Brentano. Brentano wurde im Jahr 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1794 bis 1842 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Brentano ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in das 19. Jahrhundert hinein dauerte die kulturgeschichtliche Epoche der Romantik an. Ihre Auswirkungen waren in der Literatur, der Kunst aber auch der Philosophie und Musik spürbar. Die Literaturepoche der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Welt, die sich durch die beginnende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls bedeutende Auswirkungen auf die Romantik. Die zentralen Motive der Literatur der Romantik sind das Schaurige, Leidenschaftliche, Unterbewusste, Fantastische, Individuelle, Gefühlvolle und Abenteuerliche, welche die Grenzen des Verstandes sprengen und erweitern sollen und sich gegen das bloße Nützlichkeitsdenken sowie die Industrialisierung richten. Die romantischen Dichter sehnen sich nach der Einheit von Geist und Natur. Ein Hinwenden zum Mittelalter ist erkennbar. So werden Kunst und Architektur dieser vergangenen Zeit geschätzt. Die Missstände dieser Zeit bleiben jedoch unerwähnt. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist dabei völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.
Das 248 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 56 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Die Gedichte „Wenn der lahme Weber träumt, er webe“, „Im Wetter auf der Heimfahrt“ und „Die Abendwinde wehen“ sind weitere Werke des Autors Clemens Brentano. Zum Autor des Gedichtes „Nun, gute Nacht! mein Leben“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 298 Gedichte vor.
+ Mehr Informationen zum Autor / Gedicht einblenden.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?
Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Clemens Brentano
Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Clemens Brentano und seinem Gedicht „Nun, gute Nacht! mein Leben“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.
- Brentano, Clemens - Wenn die Sonne weggegangen (Gedichtinterpretation)
- Brentano, Clemens - Der Spinnerin Nachtlied (Gedichtinterpretation)
- Brentano, Clemens - Sprich aus der Ferne (Stichpunkte zum Gedicht)
- Brentano, Clemens - Sprich aus der Ferne (Gedichtanalyse)
- Brentano, Clemens - In der Fremde (Gedichtinterpretation)
Weitere Gedichte des Autors Clemens Brentano (Infos zum Autor)
- Als Herr Künzel neulich bat
- Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht ...
- Zu Koblenz auf der Brücken
- Ihr himmlischen Fernen
- Brautgesang
- Abschied vom Rhein
- O Traum der Wüste, Liebe, endlos Sehnen
- Was reif in diesen Zeilen steht
- Wenn der lahme Weber träumt, er webe
- Im Wetter auf der Heimfahrt
Zum Autor Clemens Brentano sind auf abi-pur.de 298 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt