Bundeslied für den Allgemeinen deutschen Arbeiterverein. von Georg Herwegh
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Bet’ und arbeit’! ruft die Welt, |
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Bete kurz! denn Zeit ist Geld. |
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An die Thüre pocht die Noth – |
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Bete kurz! denn Zeit ist Brot. |
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Und du ackerst und du säst, |
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Und du nietest und du nähst, |
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Und du hämmerst und du spinnst – |
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Sag, o Volk, was du gewinnst! |
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Wirkst am Webstuhl Tag und Nacht, |
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Schürfst im Erz- und Kohlenschacht, |
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Füllt des Ueberflusses Horn, |
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Füllst es hoch mit Wein und Korn. |
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Doch wo ist dein Mahl bereit? |
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Doch wo ist dein Feierkleid? |
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Doch wo ist dein warmer Herd? |
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Doch wo ist dein scharfes Schwert! |
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Alles ist dein Werk! o sprich, |
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Alles, aber Nichts für dich! |
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Und von Allem nur allein, |
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Die du schmiedst, die Kette, dein? |
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Kette, die den Leib umstrickt, |
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Die dem Geist die Flügel knickt, |
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Die am Fuß des Kindes schon |
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Klirrt – o Volk, das ist dein Lohn. |
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Was ihr hebt an’s Sonnenlicht, |
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Schätze sind es für den Wicht; |
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Was ihr webt, es ist der Fluch |
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Für euch selbst – ins bunte Tuch. |
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Was ihr baut, kein schützend Dach |
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Hat’s für euch und kein Gemach; |
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Was ihr kleidet und beschuht, |
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Tritt auf euch voll Uebermuth. |
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Menschenbienen, die Natur, |
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Gab sie euch den Honig nur? |
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Seht die Drohnen um euch her! |
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Habt ihr keinen Stachel mehr? |
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Mann der Arbeit, aufgewacht! |
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Und erkenne deine Macht! |
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Alle Räder stehen still, |
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Wenn dein starker Arm es will. |
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Deiner Dränger Schaar erblaßt, |
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Wenn du, müde deiner Last, |
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In die Ecke lehnst den Pflug, |
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Wenn du rufst: Es ist genug! |
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Brecht das Doppeljoch entzwei! |
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Brecht die Noth der Sklaverei! |
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Brecht die Sklaverei der Noth! |
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Brot ist Freiheit, Freiheit Brot! |
Details zum Gedicht „Bundeslied für den Allgemeinen deutschen Arbeiterverein.“
Georg Herwegh
12
48
265
nach 1833
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Der Autor dieses Gedichts ist Georg Herwegh, ein deutscher Dichter des 19. Jahrhunderts, geboren im Jahr 1817 und gestorben im Jahr 1875. Die genaue Entstehungszeit des Gedichts ist nicht angegeben, doch es ist anzunehmen, dass es Mitte des 19. Jahrhunderts verfasst wurde, eine Zeit, in der Deutschland politisch und sozial stark in Bewegung und gesellschaftliche Protestbewegungen, insbesondere die Arbeiterbewegung, stark im Kommen waren.
Das Gedicht hinterlässt auf den ersten Blick einen starken Eindruck einer gesellschaftskritischen und aufrührenden Botschaft. Es befasst sich mit den Ungerechtigkeiten in der damaligen Arbeitswelt, insbesondere der Arbeiterklasse, und regt zum Nachdenken und zur Handlung an.
Der Inhalt des Gedichts beleuchtet die harte Arbeit der Arbeiter, die Ackern, Säen, Weben, Schürfen und vieles mehr tun, nur um am Ende kaum davon zu profitieren. Sie produzieren Reichtum und Überfluss, beispielsweise Wein und Korn, doch sie haben selbst kaum etwas davon - kein warmes Essen, kein Festtagskleid, keinen warmen Herd. Sie arbeiten unermüdlich, aber das Einzige, was ihnen gehört, sind die Ketten der Sklaverei, die ihren Körper umschließen und ihren Geist beengen.
Herwegh verwendet den Begriff „Kette“ als Metapher für die Situation des Proletariats, das, obwohl es die Quelle des Reichtums der Gesellschaft ist, selbst kaum ein Stück davon erhält und in ständiger Armut und Entbehrung lebt. Er ruft die Arbeiter auf, sich dieser Ungerechtigkeit bewusst zu werden und sich davon zu befreien, denn sie haben die Macht dazu - alle Räder stehen still, wenn sie es wollen.
In Bezug auf Form und Sprache ist das Gedicht in eine einfache, direkte und eindringliche Sprache abgefasst, die die Missstände klar benennt und keine Zweifel an ihrer Dringlichkeit lässt. Die Strophen sind in einem vierzeiligen Reimschema angeordnet, was zu einer rhythmischen und eindrücklichen Wirkung führt.
Die Wiederholung bestimmter Sätze und Worte, wie „Bete kurz! denn Zeit ist Geld“ oder „Bete kurz! denn Zeit ist Brot.“, verstärkt die Dringlichkeit der Botschaft. Im weiteren Verlauf des Gedichts wiederholt sich das Wort „Kette“ mehrmals, was die verheerende Wirkung der Arbeitssituation auf die Arbeiter symbolisieren soll. Auch das Motiv der Bienen und Drohnen wird als Metapher für die Arbeiter und ihre Ausbeuter verwendet.
Zusammenfassend ist dieses Gedicht eine eindrucksvolle Anklage gegen die Ungerechtigkeiten der damaligen Arbeitswelt und ein Aufruf zur Revolte gegen diese Ordnung. Herwegh versteht es, mit seiner klaren, bildreichen und eindringlichen Sprache die schwierigen Lebensumstände der Arbeiter aufzuzeigen und damit eine dringende Botschaft zu vermitteln. Gleichzeitig zeigt er auf, dass Veränderung möglich ist, wenn die Arbeiter ihre eigene Macht erkennen und nutzen.
Weitere Informationen
Georg Herwegh ist der Autor des Gedichtes „Bundeslied für den Allgemeinen deutschen Arbeiterverein.“. Im Jahr 1817 wurde Herwegh in Stuttgart geboren. Zwischen den Jahren 1833 und 1875 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Zürich. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Bei Herwegh handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 265 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 12 Strophen. Die Gedichte „Epilog zum Kriege“, „Groß“ und „Verrat!“ sind weitere Werke des Autors Georg Herwegh. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Bundeslied für den Allgemeinen deutschen Arbeiterverein.“ weitere 200 Gedichte vor.
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Zum Autor Georg Herwegh sind auf abi-pur.de 200 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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