Am Charsamstag 1818 von Clemens Brentano

Warum er mich verlassen,
Mußt' ich zum Vater schrein,
Und du willst dich nicht fassen,
Willst niemals einsam sein.
Siehst du denn nicht die Kerzen
An meinem Grabe hier,
Was suchst du mich von Herzen,
Und weinest vor der Tür?
 
Tritt ein du wirst mich finden,
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So weit dein Glaube reicht,
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Bekenne deine Sünden,
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So wird dein Hoffen leicht,
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Und wollen deine Augen
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Mich liebend dann nicht sehn,
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Soll dir der Glaube taugen
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Blind zu dem Tisch zu gehn.
 
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Das ist die rechte Liebe,
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Die alles Dunkels lacht,
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Die die vorwitz'gen Triebe
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Gehorsam glaubend macht
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Dann werden alle Sinnen
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In meinem Hiersein neu
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Dann denkt man nicht von hinnen
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Auf daß man heilig sei.
 
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Will Glauben, Lieben, Loben
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Und Hoffen noch verstehn
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So wollen sie nach oben
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Vorbei beim Heiland gehn.
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Du brauchst nicht so zu schreien
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Die Türe schließ' ich nicht,
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Wenn tausend Teufel dräuen,
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Sie löschen mir kein Licht.
 
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Wer will dich mir begraben,
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Die Braut, der ich vermählt,
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Mit der kannst du mich haben,
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Hast du mich recht erwählt,
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Die Kirche, die sie schmähen,
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Sie ist die Mutter dein,
39 
Sie lehrt dich auferstehen
40 
Sie lehrt dich selig sein.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Am Charsamstag 1818“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
191
Entstehungsjahr
1778 - 1842
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das von dir gewählte Gedicht „Am Charsamstag 1818“ wurde von Clemens Brentano verfasst, einem bedeutenden deutschen Romanautoren, Lyriker und Dramatiker. Brentano lebte von 1778 bis 1842, weshalb das Gedicht in die Epoche der Romantik eingeordnet werden kann, die vom späten 18. bis in das frühe 19. Jahrhundert hineinreichte.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht tiefgründig. Es spricht von Verlassenheit, Tod, Hoffnung, Glauben und Liebe und scheint eine intensive spirituell-religiöse Botschaft zu vermitteln.

In Bezug auf den Inhalt adressiert das lyrische Ich jemanden, der oder die sich verloren und von ihm verlassen fühlt. Es wirft die Frage auf, warum die Person sich weigert, sich dem Alleinsein zu stellen und sagt, dass die Kerzen auf seinem eigenen Grab zu sehen sind. Dies deutet auf den Tod des lyrischen Ichs hin und stellt somit eine Metapher für das irdische Ableben dar. Das lyrische Ich fordert die Person auf, einzutreten und ihre Sünden zu bekennen, um Hoffnung zu finden. Es beharrt darauf, dass auch wenn die Person es nicht sehen kann, Glauben ausreichend ist. Im folgenden Teil wird das Konzept der Liebe erwähnt, die trotz Dunkelheit siegt und Gehorsam fördert. Das lyrische Ich beschreibt seine Gegenwart als neu und frisch, frei von irdischen Gedanken. Im letzten Teil erklärt das lyrische Ich, dass es nie seine Tür schließen wird, egal wie viele Bedrohungen auftauchen. Das Gedicht endet mit der Erwähnung der Kirche, die als Mutter dargestellt wird und die Person lehrt, Auferstehung und Glück zu erlangen.

Bezüglich der Form teilt sich das Gedicht in fünf Strophen mit jeweils acht Versen auf. Es handelt sich um einen generell recht einfach gehaltenen Reim. Die Sprache des Gedichts ist einerseits stark emotional, andererseits klar und präzise. Brentano verwendet zahlreiche Metaphern und sprachliche Bilder, um tiefschürfende Fragen rund um Themen wie Liebe, Tod, Einsamkeit und Glauben zu erörtern. Das lyrische Ich wirkt dabei einerseits tröstend und leitend, andererseits auch bestimmend und fordernd. Seine Worte zeugen von tiefem Glauben und lassen das Gedicht insgesamt als sehr spirituell und religiös eingebettet erscheinen.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Am Charsamstag 1818“ ist Clemens Brentano. Brentano wurde im Jahr 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. Zwischen den Jahren 1794 und 1842 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Brentano handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kulturgeschichte, zeitlich anzusiedeln vom späten 18. Jahrhundert bis tief in das 19. Jahrhundert hinein. Auf die Literatur bezogen: von 1795 bis 1848. Sie hatte Auswirkungen auf Literatur, Musik, Philosophie und Kunst jener Zeit. Die Romantik kann in drei Phasen unterteilt werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Epoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. In ganz Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichzeitig bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Technologischer Fortschritt und Industrialisierung sind prägend für diese Zeit. Die zentralen Motive der Literatur der Romantik sind das Schaurige, Unterbewusste, Fantastische, Leidenschaftliche, Individuelle, Gefühlvolle und Abenteuerliche, welche die Grenzen des Verstandes sprengen und erweitern sollen und sich gegen das bloße Nützlichkeitsdenken sowie die Industrialisierung richten. Die Schriftsteller der Romantik sehnen sich nach der Einheit von Natur und Geist. Ein Hinwenden zum Mittelalter ist erkennbar. So werden Kunst und Architektur dieser vergangenen Zeit geschätzt. Die Missstände dieser Zeit bleiben jedoch unerwähnt. Die äußere Form von romantischer Literatur ist völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das 191 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere Werke des Dichters Clemens Brentano sind „Als Herr Künzel neulich bat“, „Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht ...“ und „Zu Koblenz auf der Brücken“. Zum Autor des Gedichtes „Am Charsamstag 1818“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 298 Gedichte vor.

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