Es scheint ein Stern vom Himmel von Clemens Brentano

Es scheint ein Stern vom Himmel,
Ein einz'ger in mein Herz,
Er könnte wohl was Bessers tun,
Da hätt' ich Nacht und Schmerz.
Es spritzt ein Quell vom Felsen
Ein Tröpfchen zu mir her,
Er könnte wohl was Bessers tun,
Daß ich verschmachtet wär'.
 
Es singt ein Himmelvögelein
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An meiner Kerkerwand,
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Er könnte wohl was Bessers tun,
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Ich käm' um den Verstand.
 
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Es blüht ein einz'ges Blümlein
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Auf meinem Wege wüst,
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Es könnte wohl was Bessers tun,
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Daß ich verzweifeln müßt'.
 
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Vor mir streicht hin ein weißer Hirsch
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Mit goldenem Geweih,
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Er könnte wohl was Bessers tun,
20 
Daß ich verirret sei.
 
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Es scheint ein bißchen Sonnenschein
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Mir in die Nacht herein,
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Es könnte wohl was Bessers tun,
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Ich stürb' in dunkler Pein.
 
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Es fällt mir eine Blüte
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Des Segens ohne Frucht,
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Sie könnte wohl was Bessers tun.
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Ich glaubte mich verflucht.
 
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Es sieht mit Himmelsgüte
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Ein reines Aug' mich an,
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Es könnte wohl was Bessers tun,
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Dann wär's um mich getan.
 
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Es mahnet an dem Abgrund mich
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Ein frommer Liedermund
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Er könnte wohl was Bessers tun,
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Ich stürzte in den Schlund.
 
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Es tut ein frommes Mägdlein
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Wohl Engeldienst an mir,
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Sie könnte wohl was Bessers tun.
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Daß ich mein Heil verlier'.
 
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Mich hat der Herr geliebet,
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Er zeigte mir, was schön,
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Er könnte wohl was Bessers tun,
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Dann müßt' ich untergehn.
 
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Heut schienen Stern und Lichter
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Mir, was ich liebe, an,
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Sie könnten wohl was Bessers tun,
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Und haben's doch getan.
 
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Mir hüpft das Herz in Freuden
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Ein Engel steht mir bei
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Es könnte wohl was Bessers tun,
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Bräch' es mir gleich entzwei.
 
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Ich muß die Güte lieben,
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Sie hat sich mein erbarmt,
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Sie könnte wohl was Bessers tun,
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Dann wär' ich ganz verarmt.
 
57 
O liebe, liebe Seele du,
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Mein Heil, mein Trost, mein Mut,
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Ich kann ja gar nichts Bessers tun,
60 
Denn alles ist ja gut.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.7 KB)

Details zum Gedicht „Es scheint ein Stern vom Himmel“

Anzahl Strophen
14
Anzahl Verse
60
Anzahl Wörter
307
Entstehungsjahr
1778 - 1842
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Es scheint ein Stern vom Himmel“ wurde von Clemens Brentano geschrieben, einem deutschen Lyriker und Schriftsteller der Romantik. Er lebte von 1778 bis 1842, das Gedicht lässt sich also in diese Zeitperiode einordnen.

Auf den ersten Blick fällt die melancholische, fast resignierte Stimmung des Gedichts auf. Das lyrische Ich erscheint einsam und leidend und betrachtet diverse Naturphänomene und menschliche Gesten, die ihm Trost spenden sollen, mit skeptischem Blick: von Sternen, Quellen, Vogelgesang bis hin zu menschlicher Güte und religiösen Bezügen. Brentanos religiöse Weltsicht ist hier prägnant sichtbar.

Das lyrische Ich macht deutlich, dass es auf Hilfe und Hoffnung angewiesen ist, aber gleichzeitig bezweifelt es die Wirkung dessen und gibt sich selbst auf.

In Bezug auf die Form des Gedichts fällt auf, dass es aus 14 gleich strukturierten Strophen besteht. Jede Strophe besteht aus vier Versen. Jeder Vers ist relativ kurz und die Sprache ist einfach gehalten, ohne komplizierte Metaphern oder Rhetorik, was die Zugänglichkeit des Gedichts erhöht.

Die Wiederholung des Verses „Er/Sie könnte wohl was Bessers tun“ erzeugt ein Gefühl der Frustration und Resignation. Es drückt aus, dass das lyrische Ich sich unverstanden fühlt, als ob die Natur oder Menschen in seiner Umgebung falsche Prioritäten setzen und sein Schmerz und seine Traurigkeit unbeachtet bleiben.

Sprachlich gesehen verwendet Brentano eine klare, unverschnörkelte Sprache. Er benutzt einfache Metapher und direkte Formulierungen, die die Emotionalität und Direktheit des Gedichts hervorheben. Die Sprache bleibt konstant und altertümlich gehalten, was die Epoche in der das Gedicht entstanden ist reflektiert und vielleicht Brentanos tiefe Religiosität widerspiegelt.

Im letzten Vers „Denn alles ist ja gut.“, scheint es, dass das lyrische Ich letztendlich doch eine Art von Hoffnung oder Akzeptanz gefunden hat, trotz aller vorhergehenden negativen Äußerungen. Dies könnte als Kommentar zu Brentanos eigener Lebenssituation und Religiosität gesehen werden. Der Glaube, dass Gott ihm Gutes tut und seine Situation letztendlich positiv ist, scheint hier zum Ausdruck zu kommen.

Insgesamt untersucht das Gedicht tiefgehende Fragen des Leidens, der Hoffnung und der Rolle Gottes und Natur in unserem Leben. Es zeigt auf tragische Weise das Bedürfnis des lyrischen Ichs nach Verständnis und Hilfe, und doch seine Unfähigkeit oder Unwillen, diese anzunehmen.

Weitere Informationen

Clemens Brentano ist der Autor des Gedichtes „Es scheint ein Stern vom Himmel“. 1778 wurde Brentano in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. In der Zeit von 1794 bis 1842 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Brentano handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Als Romantik wird die Epoche der Kunstgeschichte bezeichnet, deren Ausprägungen sich sowohl in der Literatur, Kunst und Musik als auch in der Philosophie niederschlugen. Die Epoche der Romantik lässt sich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert verorten. Die literarische Romantik kann darauf aufbauend etwa auf die Jahre 1795 bis 1848 zeitlich eingeordnet werden. Die Epoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Zeit der Romantik war für die Menschen in Europa von bedeutenden Umbrüchen geprägt. Die Französische Revolution (1789 - 1799) zog weitreichende Folgen für ganz Europa nach sich. Auch der Fortschritt in Wissenschaft und Technik, der den Beginn des industriellen Zeitalters einläutete, verunsicherte die Menschen und prägte die Gesellschaft. In der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Übel und Missstände dieser Zeit bleiben außen vor und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Außerdem sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die Grundthemen der Epoche waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde materialisiert. Die äußere Form von romantischer Literatur ist völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das 307 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 60 Versen mit insgesamt 14 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Clemens Brentano sind „Was reif in diesen Zeilen steht“, „Wenn der lahme Weber träumt, er webe“ und „Im Wetter auf der Heimfahrt“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Es scheint ein Stern vom Himmel“ weitere 298 Gedichte vor.

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