Brunnen von Rainer Maria Rilke

Ganz verschollen ist die alte,
holde Brunnenpoesie,
da aus Tritons Muschelspalte
eine klare Quelle lallte,
die den Gassen Sprache lieh.
 
Abends bei dem Röhrenkasten
sammelte sich Paar um Paar,
weil der Quelle lieblich Glasten
und ihr Laut der tiefgefaßten
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Neigung süßes Omen war.
 
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Aber als durch Menschenmühn dann
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Wasser treppenaufwärts stieg
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und kein Paar kam: Misogyn dann
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ward der Gott; es schlich sich Grünspan
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in die Muschel, – und er schwieg.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.9 KB)

Details zum Gedicht „Brunnen“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
15
Anzahl Wörter
70
Entstehungsjahr
nach 1891
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Brunnen“ stammt vom Autor Rainer Maria Rilke, der zwischen 1875 und 1926 lebte, und daher dem Symbolismus und der literarischen Moderne zugeordnet werden kann.

Beim ersten Lesen entsteht der Eindruck einer melancholischen Erinnerung an vergangene Zeiten.

Inhaltlich erzählt das Gedicht von der Veränderung und dem Vergessen eines Brunnens, der früher ein Ort der Kommunikation und Romantik war. In der ersten Strophe wird der alte Brunnen und sein spiritueller Aspekt durch die Anspielung auf den Meeresgott Triton hervorgehoben. In der zweiten Strophe verlagert sich der Fokus auf die Menschen, die sich einst am Brunnen trafen. Hier erwähnt Rilke den romantischen Aspekt, das Paar um Paar sich an diesem Ort getroffen hat. In der letzten Strophe wird der Verfall des Brunnens dargestellt. Das Wasser steigt nicht mehr und kein Pärchen besucht mehr diesen Ort. Es zeigt, dass die Magie des Brunnens verloren gegangen ist.

Die Aussage des lyrischen Ichs, lässt sich als Kritik an der fortschreitenden Modernisierung und der Entfremdung von der Natur interpretieren. Rilke drückt seine Wehmut und Nostalgie für eine vergangene Zeit aus, in der Brunnen noch Symbol für Romantik, Gemeinschaft und Spiritualität waren.

Die Form und Sprache des Gedichts unterstützen dieses melancholische Bild. Es ist in drei Strophen mit jeweils fünf Versen unterteilt und verwendet eine geordnete, klassische Reimform. Die poetischen und lyrischen Beschreibungen schaffen eine anmutige und romantische Atmosphäre und der Übergang zu der düsteren Strophe verdeutlicht den Kontrast zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Insgesamt erweckt Rilkes „Brunnen“ eine Stimmung der Sehnsucht nach einem idyllischen, vergangenen Zeitalter und lässt uns über die Folgen der technischen Fortschritte und die Entfremdung von der Natur nachdenken.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Brunnen“ ist Rainer Maria Rilke. Im Jahr 1875 wurde Rilke in Prag geboren. Im Zeitraum zwischen 1891 und 1926 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Frankfurt am Main. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 15 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 70 Worte. Die Gedichte „Abend“, „Abend“ und „Abend“ sind weitere Werke des Autors Rainer Maria Rilke. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Brunnen“ weitere 338 Gedichte vor.

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