Brief auf Hotelpapier von Joachim Ringelnatz
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Wenn du nach Halle gehst, |
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Dann geh nach Hamburg, |
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Wenn du von gutem Leben was verstehst. |
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Wenn du nach Halle reist, |
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Magst du zuvor mich fragen. |
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Ich kann dir manches sagen, |
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Was du vielleicht nicht weißt. |
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Daß du in kurzer Frist |
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Nur Allerbestes pickst. |
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Die Stadt ist nämlich etwas trüb gemixed. |
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Doch kommt’s auch darauf an, wer du nun bist. |
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Ziehst du nach Halle, grüße Giebichenstein |
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Und Marcks und andres Nochzuunterschätzte. |
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Und möchte alles dir gewogen sein, |
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Was mich so freundlich hier anringelnätzte. |
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Vorausgesetzt: du hast ein Herz am Rost |
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Und für Geschmack ein heiteres Gesicht. |
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Dann, wie gesagt, quartier dich vor der Post |
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Gleich in Stadt Hamburg ein. Halle entgeht dir nicht. |
Details zum Gedicht „Brief auf Hotelpapier“
Joachim Ringelnatz
5
19
114
1929
Moderne,
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Brief auf Hotelpapier“ stammt von Joachim Ringelnatz, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettist, der von 1883 bis 1934 lebte. Somit stammt das Gedicht vermutlich aus der Phase der Weimarer Republik oder des frühen 20. Jahrhunderts.
Auf den ersten Blick behandelt das Gedicht augenscheinlich eine Art Reiseberatung, in der das lyrische Ich eine Person zu bestimmten Orten und Handlungen rät und Hinweise gibt. Diese beraten sozusagen den Adressaten des Briefs und erklären ihm, wo das Gute Leben zu finden ist und wie er sich in der Stadt zurechtfinden könnte.
Inhaltlich wird hier eine Entscheidung empfohlen: Falls der Empfänger nach Halle gehen möchte, solle er lieber nach Hamburg reisen, wenn er von gutem Leben etwas versteht. Der Sprecher bietet dem Adressaten an, ihm mehr zu erzählen und sich zu erkundigen, bevor er seine Reise antritt. Es wird darauf hingewiesen, dass die Stadt etwas trüb gemischt ist, und dass es darauf ankommen könnte, wer der Besucher ist. Sollte die Reise dennoch stattfinden, soll der Adressat Giebichenstein, Marcks und andere Orte und Dinge grüßen, die der Sprecher schätzt.
Die Länge der Strophen variiert zwischen drei und vier Versen, was ungewöhnlich für traditionelle Gedichtformen ist. Die Sprache ist klar und direkt und enthält Anspielungen auf lokale Gegebenheiten und Personen.
Das lyrische Ich scheint eine tiefe Verbundenheit mit Hamburg zu haben und rät dem Adressaten daher indirekt, diese Stadt anstatt von Halle zu besuchen. Hier könnte eine Metapher für die Absurdität der menschlichen Sehnsucht nach einem Ort liegen - trotz 'fehlerhafter' Wahrnehmung wird dieser idealisiert und erhöht.
Darum könnte das Gedicht auch als leichte Satire auf einen konventionellen Reisebericht gesehen werden. Es enthält nicht nur nüchterne Informationen zu Reisezielen, sondern auch persönliche Meinungen und innere Eindrücke des Autors. Die Art und Weise, wie das Gedicht geschrieben ist, könnte auch eine selbstbewusste, eigenwillige und erheiternd uneindeutige Haltung des Autors gegenüber der Welt und den Menschen reflektieren.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Brief auf Hotelpapier“ ist Joachim Ringelnatz. Ringelnatz wurde im Jahr 1883 in Wurzen geboren. 1929 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das 114 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 19 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Der Dichter Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Abglanz“, „Abschied von Renée“ und „Abschiedsworte an Pellka“. Zum Autor des Gedichtes „Brief auf Hotelpapier“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.
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Zum Autor Joachim Ringelnatz sind auf abi-pur.de 560 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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