Laß das Trauern von Joseph von Eichendorff

Laß, mein Herz, das bange Trauern
Um vergangnes Erdenglück,
Ach, von diesen Felsenmauern
Schweifet nur umsonst der Blick.
 
Sind denn alle fortgegangen:
Jugend, Sang und Frühlingslust?
Lassen, scheidend, nur Verlangen
Einsam mir in meiner Brust?
 
Vöglein hoch in Lüften reisen,
10 
Schiffe fahren auf der See,
11 
Ihre Segel, ihre Weisen
12 
Mehren nur des Herzens Weh.
 
13 
Ist vorbei das bunte Ziehen,
14 
Lustig über Berg und Kluft,
15 
Wenn die Bilder wechselnd fliehen,
16 
Waldhorn immer weiterruft?
 
17 
Soll die Lieb auf sonn'gen Matten
18 
Nicht mehr baun ihr prächtig Zelt,
19 
Übergolden Wald und Schatten
20 
Und die weite, schöne Welt?
 
21 
Laß das Bangen, laß das Trauern,
22 
Helle wieder nur den Blick!
23 
Fern von dieser Felsen Mauern
24 
Blüht dir noch gar manches Glück!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „Laß das Trauern“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
115
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Laß das Trauern“ wurde von dem romantischen Dichter Joseph von Eichendorff verfasst, der von 1788 bis 1857 lebte. Damit lässt es sich eindeutig der literarischen Epoche der Romantik (ca. 1795 - 1848) zuordnen.

Auf den ersten Blick fallen die traurigen und wehmütigen Töne des Gedichts auf, die sich in einer melancholischen Betrachtung über Vergänglichkeit und verlorenes Glück äußern.

In Bezug auf den Inhalt setzt sich das lyrische Ich mit der Vergänglichkeit des Glücks und der Jugend auseinander („Um vergangnes Erdenglück“). Es fühlt sich gefangen („von diesen Felsenmauern“) und allein („Einsam mir in meiner Brust“), da es das Gefühl hat, dass alle Vergnügungen und Freuden (symbolisiert durch „Jugend, Sang und Frühlingslust“) verschwunden sind. In den folgenden beiden Strophen kommt die Sehnsucht des lyrischen Ichs nach Freiheit und Unbeschwertheit zum Ausdruck („Vöglein hoch in Lüften reisen“, „Schiffe fahren auf der See“, „Ist vorbei das bunte Ziehen“). Im abschließenden Verspaar findet das Gedicht dann einen versöhnlichen Ausklang. Das lyrische Ich wird dazu aufgefordert, seinen Blick wieder zu erhellen und das Bangen und Trauern hinter sich zu lassen, da es abseits seiner bisherigen Beschränkungen („Fern von dieser Felsen Mauern“) noch viel Glück erwarten kann („Blüht dir noch gar manches Glück“).

Bezüglich der Form lässt sich feststellen, dass das Gedicht aus sechs Strophen mit jeweils vier Versen besteht. Dabei wird kein durchgehendes Reimschema verwendet, dennoch sind immer Paarreime zu beobachten (abcb).

Die Sprache des Gedichts ist charakteristisch für die Romantik. Es gibt viele Naturbezüge („Felsenmauern“, „Vöglein“, „Lüften“, „Schiffe“, „See“, „Berg und Kluft“, „Wald“), die als Metaphern für die Gefühlswelt und den seelischen Zustand des lyrischen Ichs stehen.

Insgesamt kann man sagen, dass das Gedicht eine typische Ausprägung der romantischen Melancholie und des romantischen Naturgefühls darstellt, gekoppelt mit einer optimistischen Aufforderung, den Blick nach vorne zu richten und das Glück in der Zukunft zu suchen.

Weitere Informationen

Joseph von Eichendorff ist der Autor des Gedichtes „Laß das Trauern“. Geboren wurde Eichendorff im Jahr 1788 . In der Zeit von 1804 bis 1857 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Romantik kann in drei Phasen unterteilt werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Literaturepoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. Im gesamten Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichzeitig bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Technologischer Fortschritt und Industrialisierung sind prägend für diese Zeit. Bedeutende Motive in der Lyrik der Romantik sind die Ferne und Sehnsucht sowie das Gefühl der Heimatlosigkeit. Andere Motive sind das Fernweh, das Nachtmotiv oder die Todessehnsucht. So symbolisierte die Nacht nicht nur die Dunkelheit, sondern auch das Mysteriöse, Geheimnisvolle und galt als Ursprung der Liebe. Merkmale der Romantik sind die Hinwendung zur Natur, die Weltflucht oder der Rückzug in Traumwelten. Insbesondere ist aber auch die Idealisierung des Mittelalters aufzuzeigen. Architektur und Kunst des Mittelalters wurden von den Romantikern wieder geschätzt. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und gedanklicher Klarheit, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unbegrenzt. Zwar baut sie dabei auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 115 Worte. Die Gedichte „Antwort“, „Auch ein Gedicht?“ und „Der Isegrimm“ sind weitere Werke des Autors Joseph von Eichendorff. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Laß das Trauern“ weitere 395 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Das Video mit dem Titel „Joseph von Eichendorff: LASS DAS TRAUERN (Gedicht)“ wurde auf YouTube veröffentlicht. Unter Umständen sind 2 Klicks auf den Play-Button erforderlich um das Video zu starten.

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Joseph von Eichendorff

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Joseph von Eichendorff und seinem Gedicht „Laß das Trauern“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Joseph von Eichendorff (Infos zum Autor)

Zum Autor Joseph von Eichendorff sind auf abi-pur.de 395 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.