Aufgebot von Joseph von Eichendorff

Waldhorn bringt Kund getragen,
Es hab nun aufgeschlagen
Auf Berg und Tal und Feld
Der Lenz seine bunten Zelt!
 
Ins Grün ziehn Sänger, Reiter,
Ein jeglich Herz wird weiter,
Möcht jauchzend übers Grün
Mit den Lerchen ins Blaue ziehn.
 
Was stehst du so alleine,
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Pilgrim, im grünen Scheine?
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Lockt dich der Wunderlaut
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Nicht auch zur fernen Braut?
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»Ach! diese tausendfachen
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Heilig verschlungnen Sprachen,
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So lockend Lust, wie Schmerz,
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Zerreißen mir das Herz.
 
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Ein Wort will mir's verkünden,
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Oft ist's, als müßt ich's finden,
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Und wieder ist's nicht so,
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Und ewig frag ich: Wo?«
 
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So stürz dich einmal, Geselle,
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Nur frisch in die Frühlingswelle!
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Da spürst du's im Innersten gleich,
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Wo 's rechte Himmelreich.
 
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Und wer dann noch mag fragen:
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Freudlos in blauen Tagen
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Der wandern und fragen mag
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Bis an den Jüngsten Tag!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.9 KB)

Details zum Gedicht „Aufgebot“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
133
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Aufgebot“ stammt von dem romantischen Dichter Joseph von Eichendorff, der von 1788 bis 1857 lebte.

Auf den ersten Blick erweckt das Gedicht das Gefühl von Erwachen und Fröhlichkeit, inspiriert von der auflebenden Natur im Frühling. Es transportiert aber auch eine Suche nach Sinn und Bedeutung, die in der natürlichen Welt, insbesondere in der Jahreszeit des Frühlings, ihren Echo findet.

Der Inhalt des Gedichts konzentriert sich auf das Erwachen der Natur durch den Eintritt des Frühlings. In den ersten Versen des Gedichts gibt es einen Aufruf an die Natur, die mit dem beginnenden Frühling ihr „buntes Zelt“ erstellt hat. Im weiteren Verlauf wird ein Pilger eingeführt, der sich allein und vielleicht verloren in der wieder erblühenden Natur fühlt. Er scheint auf der Suche nach einem bestimmten „Wort“ oder eher nach einer Bedeutung oder Erkenntnis zu sein, welche ihm seine innere Unruhe stillen könnte. Am Ende wird der Pilger dazu aufgefordert, sich „frisch in die Frühlingswelle“ zu stürzen und sich der Freude der Natur hinzugeben, um dadurch Klarheit zu erlangen.

Formal gesehen besteht das Gedicht aus sechs Strophen, die jeweils vier Verse umfassen. Die regelmäßige Anzahl der Verse in jeder Strophe erzeugt eine Art von Ordnung und Struktur, die mit der Veränderung und dem Erwachen im Frühling kontrastiert. Das Gedicht endet mit einer gewissen Offenheit und Unentschlossenheit, was das „rechte Himmelreich“ anbelangt und lässt den Leser mit einem stärkeren Gefühl von Suche und Neugier zurück.

Die Sprache des Gedichts ist relativ einfach und unkompliziert, aber dennoch sehr ausdrucksstark und bilderreich. Der Gebrauch von Naturbildern steht im Einklang mit der romantischen Tradition, in der Natur oft als Spiegel menschlicher Emotionen und Sinnsuche dargestellt wird. Der wiederholte Bezug zum Frühling unterstreicht die positive und optimistische Stimmung des Gedichts und unterstützt die Darstellung des Prozesses der Erneuerung und Wiederbelebung in der Natur und möglicherweise auch in der Seele des Pilgers.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Eichendorffs „Aufgebot“ ein Ausdruck der romantischen Sinnsuche ist, die auf der Leinwand der erwachenden Natur dargestellt wird. Der Frühling, als Metapher für Wiedergeburt und Neubeginn, wird als Quelle der Inspiration und Erneuerung deren Potenzial jedoch nur erfasst wird, wenn der Einzelne sich den Freuden der Saison hingibt.

Weitere Informationen

Joseph von Eichendorff ist der Autor des Gedichtes „Aufgebot“. Der Autor Joseph von Eichendorff wurde 1788 geboren. Zwischen den Jahren 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein dauerte und sich insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik äußerte. Auch die Gebiete Geschichte, Theologie und Philosophie sowie Medizin und Naturwissenschaften waren von ihren Auswirkungen betroffen. Die Epoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Epoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. Im gesamten Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichermaßen bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Industrialisierung und technologischer Fortschritt sind prägend für diese Zeit. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. Beispielsweise gilt die Blaue Blume als das zentrale Motiv der romantischen Literatur. Sie symbolisiert Sehnsucht und Liebe und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Romantik. Sie ist der Schauplatz für viele weitere Motive dieser Epoche: Tod, Vergänglichkeit und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und Klarheit der Gedanken, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unendlich. Zwar baut sie dabei auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das 133 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Die Gedichte „Mondnacht“, „Morgengebet“ und „Ostern“ sind weitere Werke des Autors Joseph von Eichendorff. Zum Autor des Gedichtes „Aufgebot“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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