Aufbruch von Joseph von Eichendorff

Silbern Ströme ziehn herunter,
Blumen schwanken fern und nah,
Ringsum regt sich's bunt und bunter
Lenz! bist du schon wieder da?
 
»Reiter sind's, die blitzend ziehen,
Wieviel glänz'ger Strome Lauf,
Fahnen, liliengleich, erblühen,
Lerchenwirbel, Trommelwirbel
Wecken rings den Frühling auf.«
 
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Horch! was hör ich draußen klingen
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Wild verlockend wie zur Jagd?
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Ach, das Herz möcht mir zerspringen,
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Wie es jauchzt und weint und klagt.
 
14 
»Und in Waldes grünen Hallen,
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Tiefe Schauer in der Brust,
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Lassen wir die Hörner schallen,
17 
In das Blau die Stimmen hallen,
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So zum Schrecken wie zur Lust.«
 
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Wehe! dunkle Wolken decken
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Seh ich all die junge Pracht,
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Feur'ge Todeszungen strecken
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Durch die grimme Wetternacht.
 
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»Wettern gleich blüht Kampfesfülle,
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Blitze zieht das gute Schwert,
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Mancher wird auf ewig stille
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Herr Gott, es gescheh Dein Wille!
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Blast Trompeten! Frisch mein Pferd!«
 
28 
Regenbogen seh ich steigen,
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Wie von Tränen sprühn die Au,
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Jenen sich erbarmend neigen
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Über den verweinten Gau.
 
32 
»Also über Graus und Wogen,
33 
Hat der Vater gnadenreich
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Ein Triumphtor still gezogen.
35 
Wer da fällt, zieht durch den Bogen
36 
Heim ins ew'ge Himmelreich.«
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Aufbruch“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
175
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorgelegte Gedicht ist „Aufbruch“, geschrieben von Joseph von Eichendorff, der im 19. Jahrhundert lebte, einem Zeitraum, der literaturgeschichtlich der deutschen Romantik zugeordnet wird. Eichendorff ist einer der bekanntesten Dichter der Romantik und viele seiner Werke spielen mit Motiven von Natur und Reisen, die sich auch in diesem Gedicht wiederfinden.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht sehr lebhaft und dynamisch und ist bestimmt von starken und eindrucksvollen Bildern. Die Hauptthemen des Gedichts scheinen auf den ersten Blick Aufbruch, Natur und Kampf zu sein.

Im ersten Teil des Gedichts beschreibt das lyrische Ich in freudiger Erwartung den kommenden Frühling. Es ist von regem Leben umgeben und erlebt den Beginn einer neuen Jahreszeit. In den folgenden Strophen gewinnt das Gedicht jedoch zunehmend einen kriegerischen Charakter. Eichendorff spricht von Reitern, die ziehen, Kriegstrommeln und Fahnen. Hier scheint das lyrische Ich eine Art Aufbruch in einen Kampf oder Krieg zu beschreiben. Es ist klar, dass dies ein Wendepunkt im Gedicht ist. Das lyrische Ich scheint vom Anschein des Krieges zerrissen zu sein, sein Herz ist gleichermaßen von Freude und Schmerz erfüllt.

Formal besteht das Gedicht aus acht Strophen mit unterschiedlicher Versanzahl. Die ersten vier Verse in jeder Strophe beschreiben in erhabenen und oft euphorischen Worten die Natur oder den Kampf, während die folgenden Verse, markiert durch Anführungszeichen, eine Art Dialog oder innere Stimme zu sein scheinen, die den Inhalt der vorherigen Verse weiter interpretiert oder erklärt.

Sprachlich verwendet Eichendorff in seinem Gedicht sehr blumige und farbenfrohe Worte, um seine Ideen zu beschreiben. Im besonderen fallen die vielen Geräusche auf, die das Gedicht sehr lebendig gestalten. Auch die Auswahl der Worte, darunter viele Kampfbegriffe wie „Trommelwirbel“ oder „Schwert“, verstärken den dramatischen und beinahe kämpferischen Charakter des Gedichts.

Insgesamt lässt sich schlussfolgern, dass das Gedicht „Aufbruch“ von Joseph von Eichendorff eine symbolische Darstellung eines Aufbruchs oder Beginns ist, sei es der Beginn des Frühlings oder der Beginn eines Kampfes. Das lyrische Ich scheint diesen Aufbruch mit gemischten Gefühlen zu erleben, einerseits mit Freude und Erwartung, andererseits aber auch mit Angst und Sorge. Dieses Spannungsverhältnis und die detaillierte, lebendige Beschreibung machen das Gedicht sehr dynamisch und eindrucksvoll.

Weitere Informationen

Joseph von Eichendorff ist der Autor des Gedichtes „Aufbruch“. Eichendorff wurde im Jahr 1788 geboren. Im Zeitraum zwischen 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Als Romantik wird die Epoche der Kunstgeschichte bezeichnet, deren Ausprägungen sich sowohl in der Literatur, Kunst und Musik als auch in der Philosophie niederschlugen. Die Epoche der Romantik lässt sich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert verorten. Die literarische Romantik kann darauf aufbauend etwa auf die Jahre 1795 bis 1848 datiert werden. Die Literaturepoche der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führte die Industrialisierung. Die neue Maschinenwelt förderte Verstädterung und Landflucht. Die zuvor empfundene Geborgenheit war für die Romantiker in Auflösung begriffen. Bedeutende Motive in der Lyrik der Romantik sind die Ferne und Sehnsucht sowie das Gefühl der Heimatlosigkeit. Andere Motive sind das Fernweh, das Nachtmotiv oder die Todessehnsucht. So symbolisierte die Nacht nicht nur die Dunkelheit, sondern auch das Mysteriöse, Geheimnisvolle und galt als Ursprung der Liebe. Typische Merkmale der Romantik sind die Hinwendung zur Natur, die Weltflucht oder der Rückzug in Traumwelten. Insbesondere ist aber auch die Idealisierung des Mittelalters aufzuzeigen. Kunst und Architektur des Mittelalters wurden von den Romantikern wieder geschätzt. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über den Inhalt als auch über die Form des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die festen Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken ist zu beobachten.

Das vorliegende Gedicht umfasst 175 Wörter. Es baut sich aus 8 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Der Dichter Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Kurze Fahrt“, „Lied“ und „Mondnacht“. Zum Autor des Gedichtes „Aufbruch“ haben wir auf abi-pur.de weitere 395 Gedichte veröffentlicht.

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