Der brave Schiffer von Joseph von Eichendorff

Der Sturm wollt uns zerschmettern,
Was morsch war, lag zerschellt,
Es schrieb mit feur'gen Lettern
Der Herr, und sprach in Wettern
Zu der erschrocknen Welt.
 
Durch wilder Wogen Spritzen
Vorüber manchem Riff,
Wo auf Korallenspitzen
Die finstern Nornen sitzen,
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Flog da das Preußenschiff.
 
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Das war von echtem Kerne;
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Gedankenvoll die Wacht
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Schaut durch die wüste Ferne
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Zum königlichen Sterne,
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Der leuchtet aus der Nacht.
 
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Und ob sie Nebel decken,
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Was groß und heilig war,
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Lenkten da aus den Schrecken
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Gewaltig die treuen Recken
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Du mitten in dieser Schar.
 
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Da sah man wohl den schlanken
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Wald kühner Masten sich
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Zum Himmel pfeilernd ranken!
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Du lehntest voll Gedanken
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Auf deine Harfe dich.
 
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Bald mächtiger, bald leise,
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Mit wunderbarem Klang,
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Zogst du Gesangeskreise,
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Daß eine tiefe Weise
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Das wilde Meer bezwang.
 
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Und Sturm und Nacht verzogen,
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Schon blitzt' es hier und da,
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Das Land stieg aus den Wogen,
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Und unter dem Friedensbogen
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Die alte Victoria.
 
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Fahr wohl! wie Adlerschwingen
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Wird in der Zeiten Schwung
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Dein Ringen und dein Singen
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Durch deutsche Herzen klingen,
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So bleibst du ewig jung!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27 KB)

Details zum Gedicht „Der brave Schiffer“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
175
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht mit dem Titel „Der brave Schiffer“ wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, einem der bedeutendsten Lyriker der deutschen Romantik. Er lebte von 1788 bis 1857, was uns hilft das Gedicht zeitlich einzuordnen.

Auf den ersten Blick erzählt das Gedicht die Geschichte eines Schiffes inmitten eines Sturms, das letztendlich sicher in den Hafen einläuft. Die Strophen, gefüllt mit bildhaften Beschreibungen und Metaphern, rufen ein Gefühl von Gefahr aber auch von Entschlossenheit und Hoffnung hervor.

Das lyrische Ich, das als aufmerksamer und reflektierender Beobachter auftritt, leitet die Erzählung durch das Gedicht. Das Schiff im Sturm wird als Metapher für die Bewährungsproben des Lebens gedeutet, wobei die anfängliche Gefahr und Zerstörung schließlich in Sicherheit und Sieg münden. Die boshafte „Nornen“, Wesen aus der nordischen Mythologie, stehen womöglich für die Widrigkeiten des Schicksals und die Unberechenbarkeit des Lebens. Trotz dieser Widrigkeiten steht das Schiff bzw. das Preußenschiff (Strophe 2, Vers 10) als Symbol für Standhaftigkeit, Tapferkeit und Ausdauer. Der Königsstern (Strophe 3, Vers 14) deuten auf eine Führung oder einen Leitstern im Leben hin, selbst in den dunkelsten Zeiten.

Das Gedicht besteht aus acht Strophen, jeweils mit fünf Versen. Es folgt einem klaren Reimschema (ababcc), welches Kontinuität und Ordnung trotz des turbulenten Inhalts darstellt. Eichendorff nutzt lebhafte und starke Verben, unterstützt durch bildliche und figurative Sprache, um die kraftvollen Emotionen und dramatische Szenerie zu vermitteln.

Schließlich endet das Gedicht mit einer positiven und hoffnungsvollen Anmerkung, dass durch Ringen und Singen („Dein Ringen und dein Singen“), symbolisch für Ausdauer und kreativen Ausdruck, die ewige Jugend erlangt werden kann. Jedoch könnte dies auch eine patriotische Einschätzung sein, denn im seinem Kontext veröffentlicht während der Preußischen Reformzeit, könnte es so gedeutet werden, dass Deutschland durch seine Anstrengungen und kulturelle Beiträge immer jung und stark bleiben wird.

Insgesamt ist „Der brave Schiffer“ ein lyrisches und bewegendes Gedicht, das trotz seiner turbulenten Szenen letztlich eine Botschaft der Hoffnung, Ausdauer und letztlich des Triumphs vermittelt. Es fordert dazu auf, trotz der Widrigkeiten des Lebens mutig zu sein, nach dem Leitstern zu suchen und unbeirrt seinen Kurs zu halten.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der brave Schiffer“ des Autors Joseph von Eichendorff. 1788 wurde Eichendorff geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1804 und 1857. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Romantik zuordnen. Der Schriftsteller Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in das 19. Jahrhundert hinein dauerte die kulturgeschichtliche Epoche der Romantik an. Ihre Auswirkungen waren in der Literatur, der Kunst aber auch der Musik und Philosophie spürbar. Die Frühromantik lässt sich zeitlich bis in das Jahr 1804 einordnen. Die Hochromantik bis 1815 und die Spätromantik bis in das Jahr 1848. Zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führte die Industrialisierung. Die neue Maschinenwelt förderte Verstädterung und Landflucht. Die zuvor empfundene Geborgenheit war für die Romantiker in Auflösung begriffen. Wesentliche Motive in der Lyrik der Romantik sind die Ferne und Sehnsucht sowie das Gefühl der Heimatlosigkeit. Andere Motive sind das Fernweh, die Todessehnsucht oder das Nachtmotiv. So symbolisierte die Nacht nicht nur die Dunkelheit, sondern auch das Mysteriöse, Geheimnisvolle und galt als Ursprung der Liebe. Typische Merkmale der Romantik sind die Hinwendung zur Natur, die Weltflucht oder der Rückzug in Traumwelten. Insbesondere ist aber auch die Idealisierung des Mittelalters aufzuzeigen. Architektur und Kunst des Mittelalters wurden von den Romantikern wieder geschätzt. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Gedichten und Texten. Phantasie ist für die Romantiker das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Wissenschaft und Poesie, zwischen Wirklichkeit und Traum soll durchbrochen werden. Die Romantiker streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es, alle Lebensbereiche zu poetisieren.

Das 175 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Die Gedichte „Der Isegrimm“, „Der verliebte Reisende“ und „Die Heimat“ sind weitere Werke des Autors Joseph von Eichendorff. Zum Autor des Gedichtes „Der brave Schiffer“ haben wir auf abi-pur.de weitere 395 Gedichte veröffentlicht.

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