Bei Halle von Joseph von Eichendorff

Da steht eine Burg überm Tale
Und schaut in den Strom hinein,
Das ist die fröhliche Saale,
Das ist der Giebichenstein.
 
Da hab ich so oft gestanden,
Es blühten Täler und Höhn,
Und seitdem in allen Landen
Sah ich nimmer die Welt so schön!
 
Durchs Grün da Gesänge schallten,
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Von Rossen, zu Lust und Streit,
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Schauten viel schlanke Gestalten,
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Gleich wie in der Ritterzeit.
 
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Wir waren die fahrenden Ritter,
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Eine Burg war noch jedes Haus,
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Es schaute durchs Blumengitter
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Manch schönes Fräulein heraus.
 
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Das Fräulein ist alt geworden,
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Und unter Philistern umher
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Zerstreut ist der Ritterorden,
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Kennt keiner den andern mehr.
 
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Auf dem verfallenen Schlosse,
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Wie der Burggeist, halb im Traum,
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Steh ich jetzt ohne Genossen
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Und kenne die Gegend kaum.
 
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Und Lieder und Lust und Schmerzen,
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Wie liegen sie nun so weit
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O Jugend, wie tut im Herzen
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Mir deine Schönheit so leid.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.3 KB)

Details zum Gedicht „Bei Halle“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
144
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorgegebene Gedicht trägt den Titel „Bei Halle“ und wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, einem bedeutenden Lyriker der deutschen Romantik, der von 1788 bis 1857 lebte.

Beim ersten Lesen des Gedichts scheint es nostalgisch und melancholisch zu sein, da der Autor auf seine Jugend und seine damalige Umgebung zurückblickt. Er erinnert sich an die Schönheit der Landschaft und die Romantik der Ritterzeit, die jetzt verloren gegangen ist.

Inhaltlich erzählt das lyrische Ich von einer Zeit, in der er jung war und die Welt noch magisch erschien, symbolisiert durch das Bild eines Schlosses (Giebichenstein), dem Fluss Saale und einer Ritterwelt, in der jedes Haus eine Burg und jedes Fräulein eine Schönheit war. In der Vergangenheit war das lyrische Ich Teil dieser Ritterorden, aber jetzt sind sie zerstreut und erkennt keiner den anderen. Er besucht das jetzt verfallene Schloss und erkennt die Umgebung kaum wieder. Die Schönheit der Jugend, die mit Liedern, Lust und Schmerzen verbunden war, liegt nun weit in der Vergangenheit und macht ihm im Herzen weh.

Formal besteht das Gedicht aus sieben Strophen mit jeweils vier Versen, also einem Vierheber. Die Sprache des Gedichts ist eher einfach und direkt, dennoch mit bildlicher Kraft. Eichendorff verwendet Naturbildern und historische Anspielungen, um seine Gefühle und seine Sehnsucht nach der verlorenen Jugend und den veränderten Zeiten auszudrücken.

Zusammengefasst, das Gedicht ist eine romantische Reflexion über die Vergangenheit und die Vergänglichkeit der Jugend. Es drückt eine heftige Sehnsucht nach den verlorenen Zeiten überschwänglicher Romantik und Schönheit aus.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Bei Halle“ ist Joseph von Eichendorff. Im Jahr 1788 wurde Eichendorff geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1804 bis 1857 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Bei dem Schriftsteller Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Literaturepoche der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Welt, die sich durch die beginnende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls bedeutende Auswirkungen auf die Romantik. In der Romantik finden sich verschiedene charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind bedeutende zu benennende Motive. Aber auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben unbeachtet. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist dabei völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 144 Worte. Der Dichter Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „In Danzig“, „Kurze Fahrt“ und „Lied“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Bei Halle“ weitere 395 Gedichte vor.

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