Abendständchen von Joseph von Eichendorff

Schlafe, Liebchen, weil's auf Erden
Nun so still und seltsam wird!
Oben gehn die goldnen Herden,
Für uns alle wacht der Hirt.
 
In der Ferne ziehn Gewitter;
Einsam auf dem Schifflein schwank,
Greif ich draußen in die Zither,
Weil mir gar so schwül und bang.
 
Schlingend sich an Bäum und Zweigen,
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In dein stilles Kämmerlein
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Wie auf goldnen Leitern steigen
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Diese Töne aus und ein.
 
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Und ein wunderschöner Knabe
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Schifft hoch über Tal und Kluft,
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Rührt mit seinem goldnen Stabe
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Säuselnd in der lauen Luft.
 
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Und in wunderbaren Weisen
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Singt er ein uraltes Lied,
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Das in linden Zauberkreisen
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Hinter seinem Schifflein zieht.
 
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Ach, den süßen Klang verführet
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Weit der buhlerische Wind,
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Und durch Schloß und Wand ihn spüret
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Träumend jedes schöne Kind.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.1 KB)

Details zum Gedicht „Abendständchen“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
122
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Abendständchen“ wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, einem deutschen Lyriker und Schriftsteller, der von 1788 bis 1857 lebte und schrieb. Als Vertreter der Romantik ist seine Arbeit charakterisiert durch eine profunde Sensibilität für die Natur und die Emotionen.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht sanft, friedlich und melancholisch, und es entwickelt eine beruhigende und magische Atmosphäre. Es scheint, als wolle das lyrische Ich jemanden beruhigen oder trösten.

In Bezug auf den Inhalt fängt das Gedicht mit einer Aufforderung des lyrischen Ichs zum Schlafen an. Dies wird durch eine Wahrnehmung der Umwelt als still und seltsam begründet. Weiterhin beschreibt das lyrische Ich eine idyllische Szene mit vergoldeten Herden am Himmel und einem Hirten, der auf sie aufpasst. In der zweiten Strophe wird die Szene dramatischer, es werden Gewitter und das eigene Unwohlsein thematisiert. Das lyrische Ich greift zur Zither, wahrscheinlich um etwas Ruhe zu finden oder eine bestimmte Emotion auszudrücken. Die folgenden Strophen erwecken den Eindruck eines Schlaflieds oder einer Gute-Nacht-Geschichte. Es wird eine Szene beschrieben, in der ein schöner Junge über dem Tal segelt und sanfte Töne in die stille Luft sendet. Der letzte Vers wird als Allegorie auf die Fähigkeit der Musik verstanden, Barrieren zu durchdringen und die Herzen der Menschen zu berühren.

Formal besteht das Gedicht aus sechs Strophen mit jeweils vier Versen. Die Sprache ist einfach und leicht verständlich mit bildhaften und expressiven Metaphern. Jede Strophe malt ein anderes Bild und entwickelt ein unterschiedliches Gefühl, was das Gedicht sehr dynamisch und lebendig macht. Der Klang und Rhythmus des Gedichts sind fließend und melodisch, was die Traum- und Schlaf-Thematik untermauert und zur generellen Stimmung des Gedichts beiträgt. Es bietet sowohl raue als auch sanfte Landschaften, was darauf hinweist, dass das lyrische Ich ein breites Spektrum an Emotionen empfindet und ausdrückt. Der wiederkehrende Bezug zur Musik, veranlasst den Leser dazu, das Gedicht als eine Art Wiegenlied oder Schlaflied zu interpretieren. Insgesamt leistet das Gedicht also einen Beitrag zur romantischen Literatur durch seine tiefe Verbindung mit der Natur, seine emotionale Reichweite und seinen klanglichen Ausdruck.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Abendständchen“ ist Joseph von Eichendorff. Eichendorff wurde im Jahr 1788 geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1804 und 1857. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Als Romantik wird die Epoche der Kunstgeschichte bezeichnet, deren Ausprägungen sich sowohl in der Literatur, Kunst und Musik als auch in der Philosophie niederschlugen. Die Epoche der Romantik lässt sich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert verorten. Die literarische Romantik kann darauf aufbauend etwa auf die Jahre 1795 bis 1848 datiert werden. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Romantikern zuwider. Sie stellten sich in ihren Schriften gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. Als Merkmale der Literatur der Romantik sind die Weltflucht, die Verklärung des Mittelalters, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen zu benennen. Bedeutende Symbole der Romantik sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Texten und Gedichten. Phantasie ist für die Romantiker das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Wissenschaft und Poesie, zwischen Wirklichkeit und Traum soll durchbrochen werden. Die Romantiker streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es, alle Lebensbereiche zu poetisieren.

Das vorliegende Gedicht umfasst 122 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Die Gedichte „Kurze Fahrt“, „Lied“ und „Mondnacht“ sind weitere Werke des Autors Joseph von Eichendorff. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Abendständchen“ weitere 395 Gedichte vor.

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