Bischof Hatto von Heinrich Kämpchen

Am Mäuseturm *) im Rhein
Ersteht um Mitternacht
Ein wundersamer Schein,
Wie ihn kein Feuer facht.
 
Der Fischer, der noch spät
Mit seinem Fang bemüht,
Spricht schnell ein kurz Gebet,
Wenn er den Schimmer sieht.
 
Er weiß, im alten Turm
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Läuft jetzt dem bösen Mann,
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Dem Bischof Hatto, Sturm
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Der grimmen Mäuse Bann.
 
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Er kennt die Sage ja,
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Die Sage alt und grau,
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Und weiß, was einst geschah
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In dem verwünschten Bau.
 
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Wie Hattos Raserei
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Die Hungernden verbrannt,
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Und wie er ihr Geschrei
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Den „Mäusepfiff“ genannt.
 
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Den Turm hat er gebaut,
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Der Rache zu entgeh’n,
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Die Gott für ihn gebraut
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Auf der Gequälten Fleh’n.
 
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Im Rheine, fest und schwer,
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Mit Kammer und Gelaß,
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Weil ihn ein Mäuseheer
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Bedrängt ohn’ Unterlaß.
 
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Doch auch der Turm von Stein
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War ihm kein Rettungsport,
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Es schwammen durch den Rhein
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Die Mäuse nach sofort.
 
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Sie drangen in sein Haus,
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Trotz allem Hindernis,
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Und Hattos Leib, o Graus,
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Zernagt ihr scharfer Biß.
 
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Und was da jetzt noch glüht,
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Ist schlimmer Höllenbrand,
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Der von den Mäusen sprüht,
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Die Hatto nachgerannt,
 
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Die, weil er ohne Reu’
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Einst Todesnot verlacht,
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Ihn heut’ noch immer neu
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Auch töten jede Nacht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.8 KB)

Details zum Gedicht „Bischof Hatto“

Anzahl Strophen
11
Anzahl Verse
44
Anzahl Wörter
191
Entstehungsjahr
1909
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht mit dem Titel „Bischof Hatto“ wurde von Heinrich Kämpchen verfasst, einem deutschen Schriftsteller und Journalisten, der im 19. Jahrhundert lebte. Aufgrund des Geburts- und Todesdatums des Autors lässt sich das Gedicht zeitlich in die Epoche des Realismus einordnen.

Auf den ersten Blick handelt das Gedicht von einer mysteriösen und düsteren Sagenfigur, Bischof Hatto, die irgendwie mit dem Mäuseturm im Rhein in Verbindung steht. Es geht um gruselige Phänomene, Aberglauben und mittelalterliche Straflegenden.

Inhaltlich erzählt das Gedicht die Sage von Bischof Hatto, der in Zeiten einer Hungersnot Getreide hortet und die Hungernden, die nach Nahrung verlangen, in einer Scheune verbrennt. Deswegen wird er von Gott mit einem Mäuseheer verflucht, das ihm überallhin nachfolgt, sogar durch den Fluss in seinen Mäuseturm. Die Mäuse nagen Hatto schließlich auf und töten ihn.

Das lyrische Ich beschreibt das Geschehen als Zeuge, vielleicht als der erwähnte Fischer. Es gibt die Sage und den Aberglauben der Leute wieder und scheint an die übernatürliche Strafe Gottes und die Wiederkehr des Bischof Hattos zu glauben.

Das Gedicht ist in elf vierzeilige Strophen eingeteilt, die jeweils im Kreuzreim verfasst sind. Die Sprache ist bildhaft und ruft eine gespenstische Atmosphäre hervor. Der Autor nutzt eine Form der Erzählung, die an mündlich überlieferte Sagen erinnert. Dabei dient die Figur Bischof Hatto als warnendes Beispiel und steht symbolisch für die Gier und Herzlosigkeit von Machthabern gegenüber den Armen und Hungrigen. Die Sage hat damit auch eine ethische Komponente. Der Schlussteil lässt darauf schließen, dass die gruselige Geschichte als Mahnung für zukünftige Generationen dient und die Vergehen Bischof Hattos immer noch verurteilt werden.

Weitere Informationen

Heinrich Kämpchen ist der Autor des Gedichtes „Bischof Hatto“. Der Autor Heinrich Kämpchen wurde 1847 in Altendorf an der Ruhr geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1909. Bochum ist der Erscheinungsort des Textes. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das 191 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 44 Versen mit insgesamt 11 Strophen. Weitere Werke des Dichters Heinrich Kämpchen sind „Am Kochbrunnen in Wiesbaden“, „Am Marienbrönnlein“ und „Am Rhein“. Zum Autor des Gedichtes „Bischof Hatto“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 165 Gedichte vor.

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