Biondina von Friedrich Ludwig Wilhelm Meyer
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Noch kannt’ ich nicht das Loos des Lebens, |
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Als eine fremde Gottheit kam, |
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Und mir, trotz allen Widerstrebens, |
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Die unbefangne Ruhe nahm. |
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Da bleichten mir die frischen Wangen, |
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Da regte sich, ich weiß nicht was; |
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Die Liebe that mir dieß und das, |
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Ließ ich mich dennoch wieder fangen? |
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Ja oder nein? — das fragt mich nicht! |
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Es räth sich nur, und sagt sich nicht. |
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Wie Thau, der über Blumen fließet, |
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Entstellt die süße Zähre nie: |
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Sie wird so leichtlich weggeküsset, |
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Der sie verschuldet, trocknet sie. |
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Ihr immer neuen holden Schmerzen, |
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Soll ich euch suchen, oder fliehn? |
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Wenn Rosen unter Dornen blühn, |
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Darf ich wohl noch mit Rosen scherzen? |
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Ja oder nein? — das fragt mich nicht! |
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Es räth sich nur, und sagt sich nicht. |
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Ach! unter unsern Händen gleiten |
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Des Daseyns schönste Freuden fort! |
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Ein Schwur verheißt uns Ewigkeiten, |
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Ein Schwur verfliegt, wie jedes Wort. |
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Mußt’ ich darum auf keinen hören, |
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Der unter Schwüren etwas bat, |
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Und weil ein Knabe Flügel hat, |
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Ihm auch die kleinste Rast verwehren? |
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Ja oder nein? — das fragt mich nicht! |
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Es räth sich nur, und sagt sich nicht. |
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Das Schicksal führt, nach Herrscherweise, |
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Die Menschen wunderlich herum, |
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Sie tappen blind auf ihrer Reise, |
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Sie reisen, niemand weiß warum? |
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Oft bringt ihr Weg ein Paar zusammen, |
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Oft trennt er, was verbunden war; |
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Soll die Besorgniß jedes Paar |
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Zur Ungeselligkeit verdammen? |
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Ja oder nein? — das fragt mich nicht! |
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Es räth sich nur, und sagt sich nicht. |
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Wie dürft’ ich mehr zu reden wagen? |
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Die Wahrheit fürchtet Luft und Schall; |
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Ein Lauscher wünscht sie zu verklagen, |
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Verrathen kann ein Wiederhall. |
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Wenn aber Neid und Argwohn schliefen, |
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Hat nie Gelegenheit gewacht, |
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Und lieh den Mantel stiller Nacht, |
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Eh Neid und Argwohn sie verriefen ? |
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Ja oder nein? — das fragt mich nicht! |
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Es räth sich nur, und sagt sich nicht. |
Details zum Gedicht „Biondina“
7
50
297
1796
Klassik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Biondina“ wurde von Friedrich Ludwig Wilhelm Meyer verfasst, einem deutschen Dichter des 18. und 19. Jahrhunderts. Eine zeitliche Einordnung lässt sich aufgrund der lebensdaten des Autors machen. So könnte das Gedicht in den Jahren der Weimarer Klassik oder der Romantik entstanden sein, zwei Epoche, in denen die menschliche Erfahrung und die Natur eine hohe Bedeutung hatten.
„Biondina“ hinterlässt auf den ersten Blick einen melancholischen Eindruck, gemischt mit einer Portion Unschlüssigkeit und Zweifel. Die wiederholte Frage „Ja oder nein?“ vermittelt Unsicherheit und eine innere Zerrissenheit des lyrischen Ichs.
In dem Gedicht reflektiert das lyrische Ich seine Lebenserfahrungen, insbesondere in Bezug auf Liebe und menschliche Beziehungen. Es spricht von der Unvorhersehbarkeit des Lebens, von dem Verlust der Unschuld und der Sorgen und Schmerzen, die mit Liebe und Beziehungen einhergehen. Während es eine Sehnsucht nach Liebe und Zärtlichkeit gibt, gibt es auch die Angst vor Verlust und Verrat. Die dargestellte innere Zerrissenheit könnte als Anzeichen einer tieferen persönlichen Krise interpretiert werden.
Das Gedicht besteht aus vierzehn eigenen Strophen mit variierender Länge von vier bis zehn Versen. Dies und der wiederkehrende Refrain „Ja oder nein? — das fragt mich nicht! / Es räth sich nur, und sagt sich nicht“ geben dem Gedicht eine gewisse musikalische Qualität.
Die Sprache des Gedichts ist relativ einfach und ungeschmückt, was zur Klarheit und Eindringlichkeit der dargestellten Gefühle beiträgt. Es gibt jedoch auch einige bildhafte und metaphorische Ausdrücke, wie z.B. „Wenn Rosen unter Dornen blühn“. Diese Bilder dienen dazu, die komplexe emotionale Landschaft des lyrischen Ichs zu veranschaulichen und zu vertiefen.
Insgesamt stellt „Biondina“ eine reflektierende und emotionale Auseinandersetzung mit den Höhen und Tiefen des Lebens dar. Es thematisiert die universelle menschliche Erfahrung von Liebe, Verlust und der Suche nach Sinn, gekleidet in eine geheimnisvolle, melancholische und doch einfühlsame Sprache.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Biondina“ des Autors Friedrich Ludwig Wilhelm Meyer. Geboren wurde Meyer im Jahr 1758 in Harburg. Im Jahr 1796 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Neustrelitz. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Klassik zu. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das vorliegende Gedicht umfasst 297 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 50 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Friedrich Ludwig Wilhelm Meyer sind „Mathilde“ und „Phantasie“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Biondina“ keine weiteren Gedichte vor.
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