Erwartung von Joseph von Eichendorff

O schöne, bunte Vögel,
Wie singt ihr gar so hell!
O Wolken, luft'ge Segel,
Wohin so schnell, so schnell?
 
Ihr alle, ach, gemeinsam
Fliegt zu der Liebsten hin,
Sagt ihr, wie ich hier einsam
Und voller Sorgen bin.
 
Im Walde steh und laur ich,
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Verhallt ist jeder Laut,
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Die Wipfel nur wehn schaurig,
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O komm, du süße Braut!
 
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Schon sinkt die dunkelfeuchte
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Nacht rings auf Wald und Feld,
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Des Mondes hohe Leuchte
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Tritt in die stille Welt.
 
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Wie schauert nun im Grunde
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Der tiefsten Seele mich!
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Wie öde ist die Runde
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Und einsam ohne dich!
 
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Was rauscht? - Sie naht von ferne!
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Nun, Wald, rausch von den Höhn,
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Nun laß Mond, Nacht und Sterne
24 
Nur auf- und untergehn!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25 KB)

Details zum Gedicht „Erwartung“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
118
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Erwartung“ wurde vom deutschen Dichter Joseph von Eichendorff verfasst, einem bedeutenden Vertreter der Romantik. Eichendorff wurde 1788 geboren und starb 1857, das Gedicht lässt sich daher in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts einordnen.

Beim ersten Lesen vermittelt das Gedicht einen melancholisch-sehnsüchtigen Eindruck. Es ist voller natürlicher Bilder und hat einen melodischen Klang, der typisch für Eichendorff ist.

Der Inhalt des Gedichts dreht sich um das lyrische Ich, das von der Natur umgeben ist und auf jemanden wartet. Seine Gefühle sind dabei so intensiv und überwältigend, dass sie zu einer Art Konversation mit der umgebenden Natur werden. Er bittet die Vögel, Wolken und den Wind um Hilfe, um seine Gefühle auszudrücken und wendet sich direkt an die Person, die er erwartet, seine „süße Braut“.

Das lyrische Ich durchlebt ein starkes Gefühl der Erwartung und Sehnsucht nach der abwesenden Person. Es drückt seine Einsamkeit und Sorge aus und hat ein starkes Verlangen nach dem Zusammentreffen mit seiner Lieben.

Formal besteht das Gedicht aus sechs vierzeiligen Strophen, die jeweils aus zwei Paarreimen bestehen (aabbaabb usw.). Die Sprache ist einfach und bildhaft mit einer klaren und rhythmischen Struktur. Eichendorff verwendete konkrete Bilder und Metaphern aus der Natur, um die interne emotionale Landschaft des lyrischen Ichs darzustellen. Der Wechsel von Tag und Nacht, die Stille des Waldes, das Rauschen der Blätter - all dies spiegelt das Innenleben des Dichters wider.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Erwartung“ ein typisches romantisches Gedicht ist, das eine intensive emotionale Landschaft darstellt. Die Erwartung und Sehnsucht des Subjekts nach der geliebten Person wird durch die Interaktion mit und Reaktion auf die umgebende Natur dargestellt. Die einfache aber eindringliche Sprache und die rhythmische Struktur des Gedichts erzeugen einen starken emotionalen Eindruck.

Weitere Informationen

Joseph von Eichendorff ist der Autor des Gedichtes „Erwartung“. Im Jahr 1788 wurde Eichendorff geboren. Zwischen den Jahren 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Der Schriftsteller Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Zeit der Romantik war für die Menschen in Europa von Umbrüchen geprägt. Die Französische Revolution (beginnend im Jahr 1789) zog weitreichende Folgen für ganz Europa nach sich. Auch der Fortschritt in Technik und Wissenschaft, der den Beginn des industriellen Zeitalters einläutete, verunsicherte die Menschen und prägte die Gesellschaft. In der Romantik finden sich unterschiedliche charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind bedeutende Motive. Auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben unbeachtet. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und Klarheit der Gedanken, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unbegrenzt. Dabei baut sie zwar auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 118 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Der Dichter Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Antwort“, „Auch ein Gedicht?“ und „Der Isegrimm“. Zum Autor des Gedichtes „Erwartung“ haben wir auf abi-pur.de weitere 395 Gedichte veröffentlicht.

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