Der Kranke von Joseph von Eichendorff

Soll ich dich denn nun verlassen,
Erde, heitres Vaterhaus
Herzlich Lieben, mutig Hassen,
Ist denn alles, alles aus?
 
Vor dem Fenster durch die Linden
Spielt es wie ein linder Gruß,
Lüfte, wollt ihr mir verkünden
Daß ich bald hinunter muß?
 
Liebe, ferne, blaue Hügel,
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Stiller Fluß im Talesgrün,
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Ach, wie oft wünscht ich mir Flügel,
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Über euch hinwegzuziehn!
 
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Da sich jetzt die Flügel dehnen
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Schaur ich in mich selbst zurück,
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Und ein unbeschreiblich Sehnen
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Zieht mich zu der Welt zurück.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Der Kranke“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
80
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Joseph von Eichendorff, der von 1788 bis 1857 lebte. Damit lässt es sich in die Epoche der Romantik einordnen, die von etwa 1795 bis 1848 andauerte.

Auf den ersten Blick erzeugt das Gedicht einen melancholischen und ernsten Eindruck, was auf ein ernstes, sogar düsteres Thema hindeutet.

Inhaltlich thematisiert das Gedicht das Leiden und Sterben des lyrischen Ichs. In der ersten Strophe spricht das lyrische Ich von der Möglichkeit des Verlassens - vermutlich des Lebens. Es stellt die Frage, ob „alles aus“ ist, was auf den nahenden Tod hinweist. In der zweiten Strophe scheint die Natur den Tod anzukündigen - die „Lüfte“ könnten hier als Boten des Todes gedeutet werden. In der dritten Strophe offenbart das lyrische Ich eine Sehnsucht nach Freiheit und Flucht, die in der vierten Strophe einer Furcht vor dem Unbekannten und einer Sehnsucht nach dem Leben weicht.

In der sprachlichen Gestaltung des Gedichts ist ein typisches Merkmal der Romantik zu erkennen: die Verwendung der Natur als Spiegel menschlicher Gefühle. Auch das lyrische Ich ist typisch für die Romantik - ein einsames, leidendes Subjekt, das sich in einer dualen Spannung zwischen Verlangen nach Freiheit und Angst vor dem Unbekannten befindet.

Das Gedicht hat eine strenge formale Struktur, die aus vier vierzeiligen Strophen besteht. Dabei kann man Vermutungen über eine bestimmte Reimstruktur anstellen, diese ist jedoch ohne Kenntnis der tatsächlichen Versendungen schwierig. Die Sprache ist klar und einfach, was dazu beiträgt, die intensiven Emotionen des lyrischen Ichs zu vermitteln.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Der Kranke“ von Joseph von Eichendorff ein tiefsinniges und emotional intensives Gedicht ist, das die Ängste und Sehnsüchte eines sterbenden Menschen auf einfühlsame und eindringliche Weise zum Ausdruck bringt.

Weitere Informationen

Joseph von Eichendorff ist der Autor des Gedichtes „Der Kranke“. Im Jahr 1788 wurde Eichendorff geboren. Zwischen den Jahren 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Der Romantik vorausgegangen waren die Epochen der Weimarer Klassik und der Aufklärung. Die Literaturepoche der Romantik ist zeitlich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein einzuordnen. Insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik hatte diese Epoche Auswirkungen. Die Literaturepoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Romantikern zuwider. Sie stellten sich in ihren Werken gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. So gilt beispielsweise die Blaue Blume als das zentrale Motiv der Romantik. Sie symbolisiert Sehnsucht und Liebe und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Literatur der Romantik. Sie ist der Schauplatz für zahlreiche weitere Motive dieser Epoche: Tod, Vergänglichkeit und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über den Inhalt als auch über die Form des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die starren Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken fällt auf.

Das 80 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Der verliebte Reisende“, „Die Heimat“ und „In Danzig“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Kranke“ weitere 395 Gedichte vor.

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