Stimmen der Nacht von Joseph von Eichendorff

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Weit tiefe, bleiche, stille Felder
O wie mich das freut,
Über alle, alle Täler, Wälder
Die prächtige Einsamkeit!
 
Aus der Stadt nur schlagen die Glocken
Über die Wipfel herein,
Ein Reh hebt den Kopf erschrocken
Und schlummert gleich wieder ein.
 
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Der Wald aber rühret die Wipfel
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Im Schlaf von der Felsenwand,
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Denn der Herr geht über die Gipfel
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Und segnet das stille Land.
 
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2
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Nächtlich wandern alle Flüsse
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Und der Himmel, Stern auf Stern,
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Sendet so viel tausend Grüße,
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Daß die Wälder nah und fern
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Schauernd rauschen in den Gründen;
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Nur der Mensch, dem Tod geweiht,
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Träumet fort von seinen Sünden
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In der stillen Gnadenzeit.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Stimmen der Nacht“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
22
Anzahl Wörter
104
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Stimmen der Nacht“ wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, einem der bedeutendsten Vertreter der Romantik, der von 1788 bis 1857 lebte. Die Romantik war eine literarische Epoche, die von etwa 1800 bis 1850 andauerte und in der Natur, Gefühle und das mystische Erleben des Individuums eine hervorgehobene Rolle spielten.

Beim ersten Lesen vermittelt das Gedicht einen starken Eindruck von Ruhe und friedlicher Einsamkeit. Man kann fast die Stille der Nacht im Wald und über den Feldern fühlen, von der nur das Läuten der Glocken in der Ferne und das Rauschen des Windes in den Wipfeln unterbrochen wird.

Inhaltlich geht es im Gedicht um die Wahrnehmung und Wertschätzung der Ruhe und Schönheit der Nacht und der Natur. Das lyrische Ich scheint in der Natur und besonders in der Einsamkeit und Stille der Nacht Trost und Frieden zu finden. Es spürt die Größe und Erhabenheit der Schöpfung und fühlt sich dabei als Teil von ihr. Dabei wird ein Kontrast aufgebaut zwischen der Natur, die in Frieden ruht, und dem Menschen, der auch in der Ruhe der Nacht von seinen Sünden träumt. Dies könnte darauf hindeuten, dass der Mensch sich selbst Unruhe und Leid zufügt, während die Natur in friedlicher Harmonie existiert.

Formal ist das Gedicht in vier Strophen mit unterschiedlicher Versanzahl gegliedert. Die Sprache ist einfach und klar, was die Ausdruckskraft der Bilder und Metaphern unterstreicht. Die Zeilen sind kurz und prägnant, was die atmosphärische Dichte des Gedichts erhöht und die Aufmerksamkeit des Lesers auf die zentralen Bilder und Themen lenkt.

Hervorzuheben ist auch die Verwendung von Reimen, die dem Gedicht einen melodischen Charakter verleihen und die tiefe Verbundenheit des lyrischen Ichs mit der Natur und der Nacht widerspiegeln. Die poetischen Bilder und Metaphern unterstreichen dieses Gefühl und vermitteln ein Gefühl von Ruhe, Frieden und tiefer Verbundenheit mit der Welt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Stimmen der Nacht“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joseph von Eichendorff. 1788 wurde Eichendorff geboren. Zwischen den Jahren 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hineinreichte. Insbesondere in den Bereichen der Literatur, Musik oder der bildenden Kunst hatte diese Epoche umfangreiche Auswirkungen. Die Literaturepoche der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Welt, die sich durch die beginnende Verstädterung und Industrialisierung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls bedeutende Auswirkungen auf die Romantik. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. Beispielsweise gilt die Blaue Blume als das zentrale Motiv der romantischen Literatur. Sie symbolisiert Liebe und Sehnsucht und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Romantik. Sie ist der Schauplatz für zahlreiche weitere Motive dieser Epoche: Vergänglichkeit, Tod und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und Klarheit der Gedanken, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unbegrenzt. Zwar baut sie dabei auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das Gedicht besteht aus 22 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 104 Worte. Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Der verliebte Reisende“, „Die Heimat“ und „In Danzig“. Zum Autor des Gedichtes „Stimmen der Nacht“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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