Warnung von Joseph von Eichendorff

Aus ist dein Urlaub und die Laut zerschlagen,
Nachts aus der stillen Stadt nun mußt du gehen,
Die Wetterfahnen nur im Wind sich drehen,
Dein Tritt verhallt, mag niemand nach dir fragen.
 
Doch draußen waldwärts, wo du herstammst, ragen
Die Zinnen noch der goldnen Burg, es gehen
Die Wachen schildernd auf dem Wall, das Wehen
Der Nacht bringt ihren Ruf ins Land getragen.
 
Der Engel dort mit seinem Flammendegen
10 
Steht blankgerüstet noch, das Tor zu hüten,
11 
Und wird dich mit den ernsten Blicken messen,
 
12 
Die manches Herze schon zu Asche glühten.
13 
Hast du Parol und Feldgeschrei vergessen:
14 
Weh! wo nun willst dein müdes Haupt hinlegen?
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Warnung“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
105
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Warnung“ wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, der vom 10. März 1788 bis zum 26. November 1857 lebte. Diese Datierung ermöglicht es, das Werk im Kontext der Romantik zu platzieren, einer literarischen Epoche, die von etwa 1795 bis 1848 dauerte.

Beim ersten Lesen hinterlässt das Gedicht einen melancholischen und ernsten Eindruck. Es wirkt, als ob das lyrische Ich einen Abschied beschreibt, der mit Härte und Abschluss verbunden ist.

Der Inhalt des Gedichts dreht sich um eine Person, deren erlaubte Zeit offenbar abgelaufen ist („Aus ist dein Urlaub“). Sie wird aus einer stillen Stadt gewiesen („Nachts aus der stillen Stadt nun mußt du gehen“) und niemand scheint ihre Abwesenheit zu bemerken oder sich darum zu kümmern („Dein Tritt verhallt, mag niemand nach dir fragen“). Dennoch scheint jenseits der Stadt, in den Wäldern, von wo die Person stammt, eine goldene Burg zu sein, die noch immer steht und deren Wachen aktiv sind. Sie scheint immer noch zu ihren Wurzeln und dem Ort ihrer Herkunft verbunden zu sein. Doch die Engelsfigur an der Pforte wird sie prüfen und ihre Absichten einschätzen („Und wird dich mit den ernsten Blicken messen“). Der letzte Vers stellt die Frage, wohin sie ihr müdes Haupt legen wird, wenn sie das Passwort und das Feldgeschrei (symbolisch für ihre Zugehörigkeit) vergessen hat.

In Bezug auf die Form besteht das Gedicht aus vier Strophen, wobei die ersten beiden vier Verse und die letzten beiden drei Verse enthalten. Die Sprache ist eher formell und enthält Metaphern wie die „goldene Burg“, den „Flammendegen“ und die „Wetterfahnen“, die die Romantik von Eichendorffs Dichtung reflektieren. Die Stimmung im Gedicht ist ernst und melancholisch, und es vermittelt ein Gefühl von Verlust, von Abschied und von ungewisser Zukunft. Die rhythmische Struktur und Reime tragen zur dramatischen und eindringlichen Atmosphäre bei.

Alles zusammengefasst spricht dieses Gedicht von Eichendorff über den Verlust von Zugehörigkeit und Heimat. Es findet sich das romantische Motiv der Sehnsucht wieder, die Sehnsucht nach einem Ort an dem das lyrische Ich verstanden wird und Heimat findet. Die Frage nach dem Platz zum Ausruhen (das „müde Haupt hinlegen“) könnte auch metaphorisch für das Ende des Lebens und den Wunsch nach Frieden in diesem letzten Abschnitt verstanden werden. Es ist also auch eine Reflexion über das Leben und den Tod, über Ende und Neuanfang und die Suche nach Identität und Zugehörigkeit.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Warnung“ ist Joseph von Eichendorff. Im Jahr 1788 wurde Eichendorff geboren. In der Zeit von 1804 bis 1857 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Als Romantik wird die Epoche der Kunstgeschichte bezeichnet, deren Ausprägungen sich sowohl in der Literatur, Kunst und Musik als auch in der Philosophie niederschlugen. Die Epoche der Romantik lässt sich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert verorten. Die literarische Romantik kann darauf aufbauend etwa auf die Jahre 1795 bis 1848 datiert werden. Die Literatur der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Zeit der Romantik war für die Menschen in Europa von bedeutenden Umbrüchen geprägt. Die Französische Revolution (beginnend im Jahr 1789) zog weitreichende Folgen für ganz Europa nach sich. Auch der Fortschritt in Wissenschaft und Technik, der den Beginn des industriellen Zeitalters einläutete, verunsicherte die Menschen und prägte die Gesellschaft. Bedeutende Motive in der Lyrik der Romantik sind die Ferne und Sehnsucht sowie das Gefühl der Heimatlosigkeit. Andere Motive sind das Fernweh, das Nachtmotiv oder die Todessehnsucht. So symbolisierte die Nacht nicht nur die Dunkelheit, sondern auch das Mysteriöse, Geheimnisvolle und galt als Quelle der Liebe. Merkmale der Romantik sind die Hinwendung zur Natur, die Weltflucht oder der Rückzug in Traumwelten. Insbesondere ist aber auch die Idealisierung des Mittelalters aufzuzeigen. Kunst und Architektur des Mittelalters wurden von den Romantikern wieder geschätzt. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Gedichten und Texten. Phantasie ist für Romantiker das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Poesie und Wissenschaft, zwischen Traum und Wirklichkeit soll durchbrochen werden. Die Schriftsteller der Romantik streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es letztlich, alle Lebensbereiche zu poetisieren.

Das vorliegende Gedicht umfasst 105 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Der Dichter Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Mondnacht“, „Morgengebet“ und „Ostern“. Zum Autor des Gedichtes „Warnung“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Joseph von Eichendorff

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Joseph von Eichendorff und seinem Gedicht „Warnung“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Joseph von Eichendorff (Infos zum Autor)

Zum Autor Joseph von Eichendorff sind auf abi-pur.de 395 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.