Waldmädchen von Joseph von Eichendorff

Bin ein Feuer hell, das lodert
Von dem grünen Felsenkranz,
Seewind ist mein Buhl und fodert
Mich zum lust'gen Wirbeltanz,
Kommt und wechselt unbeständig.
Steigend wild,
Neigend mild,
Meine schlanken Lohen wend ich:
Komm nicht nach mir, ich verbrenn dich!
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Wo die wilden Bäche rauschen
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Und die hohen Palmen stehn,
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Wenn die Jäger heimlich lauschen,
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Viele Rehe einsam gehn.
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Bin ein Reh, flieg durch die Trümmer,
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Über die Höh,
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Wo im Schnee
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Still die letzten Gipfel schimmern,
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Folg mir nicht, erjagst mich nimmer!
 
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Bin ein Vöglein in den Lüften,
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Schwing mich übers blaue Meer,
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Durch die Wolken von den Klüften
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Fliegt kein Pfeil mehr bis hieher,
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Und die Aun und Felsenbogen,
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Waldeseinsamkeit
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Weit, wie weit,
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Sind versunken in die Wogen
27 
Ach, ich habe mich verflogen!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.1 KB)

Details zum Gedicht „Waldmädchen“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
27
Anzahl Wörter
125
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht trägt den Titel „Waldmädchen“ und wurde von Joseph von Eichendorff geschrieben, einem der wichtigsten Vertreter der Romantik in Deutschland, der von 1788 bis 1857 lebte. Damit lässt sich das Gedicht zeitlich der Hochromantik zuordnen, die von etwa 1804 bis 1815 dauerte.

Es sind oft fantasievolle, idyllische oder melancholische Themen und Motive typisch für diese Epoche und diese spiegeln sich auch in diesem Gedicht wieder. Beim ersten Lesen fällt sofort auf, dass das lyrische Ich seine Identität durch verschiedene Manifestationen ausdrückt: zunächst als Feuer, dann als Reh und schließlich als Vogel.

Im Inhalt des Gedichts sehen wir, dass das lyrische Ich eine Art Spiel mit denjenigen spielt, die es verfolgen möchten. Als Feuer warnt das lyrische Ich, dass es diejenigen verbrennen wird, die zu nahe kommen. Als Reh fordert es seine Verfolger spielerisch heraus, es zu jagen, dabei ist es sich sicher, dass sie es nie fangen werden. Schließlich, als ein Vogel, entzieht sich das lyrische Ich ganz dem Zugriff und offenbart, dass es sich verflogen hat. Dies sorgt für einen melancholischen Schluss. Damit deutet das lyrische Ich an, dass es unkontrollierbar, frei und unabhängig ist, aber dabei auch allein und möglicherweise verloren.

Das Gedicht hat eine eher freie Form ohne strikte Reimstruktur oder einheitliches Metrum. Die Sprache ist bildhaft und voller Natursymbolik, was typisch für die Romantik ist. Das lyrische Ich stellt sich in drei verschiedenen natürlichen Zuständen dar, was auf die Metamorphose und Veränderlichkeit hindeutet.

Ingesamt handelt es sich um ein vielschichtiges Gedicht, dass trotz seiner leichten Lesbarkeit tiefe Emotionen und komplexe Themen anspricht. Es stellt den Konflikt zwischen Freiheit und Isolation dar und zeigt die Sehnsucht des lyrischen Ichs nach Unabhängigkeit und Gleichzeitig die Angst vor der damit einhergehenden Vereinsamung.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Waldmädchen“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joseph von Eichendorff. Geboren wurde Eichendorff im Jahr 1788 . Im Zeitraum zwischen 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis spät in das 19. Jahrhundert hineinreichte. Insbesondere auf den Gebieten der Literatur, Musik oder der bildenden Kunst hatte diese Epoche umfangreiche Auswirkungen. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Welt, die sich durch die einsetzende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Romantik. Als Merkmale der Literatur der Romantik sind die Weltflucht, die Verklärung des Mittelalters, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen zu benennen. Bedeutende Symbole sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über die Form als auch über den Inhalt des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die starren Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken fällt auf.

Das vorliegende Gedicht umfasst 125 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 27 Versen. Der Dichter Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Auch ein Gedicht?“, „Der Isegrimm“ und „Der verliebte Reisende“. Zum Autor des Gedichtes „Waldmädchen“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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