Der Schnee von Joseph von Eichendorff

Wann der kalte Schnee zergangen,
Stehst du draußen in der Tür,
Kommt ein Knabe schön gegangen,
Stellt sich freundlich da zu dir,
Lobet deine frischen Wangen,
Dunkle Locken, Augen licht,
Wann der kalte Schnee zergangen,
Glaub dem falschen Herzen nicht!
 
Wann die lauen Lüfte wehen,
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Scheint die Sonne lieblich warm:
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Wirst du wohl spazierengehen,
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Und er führet dich am Arm,
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Tränen dir im Auge stehen,
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Denn so schön klingt, was er spricht,
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Wann die lauen Lüfte wehen,
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Glaub dem falschen Herzen nicht!
 
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Wann die Lerchen wieder schwirren,
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Trittst du draußen vor das Haus,
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Doch er mag nicht mit dir irren,
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Zog weit in das Land hinaus;
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Die Gedanken sich verwirren,
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Wie du siehst den Morgen rot
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Wann die Lerchen wieder schwirren,
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Armes Kind, ach wärst du tot!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.9 KB)

Details zum Gedicht „Der Schnee“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
127
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht mit dem Titel „Der Schnee“ stammt von Joseph von Eichendorff, einem bedeutenden Vertreter der deutschen Romantik, der von 1788 bis 1857 lebte. Damit erfolgt die zeitliche Einordnung in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts - eine Epoche, welche durch tiefe Gefühlsausdrücke, Naturverbundenheit und eine Sehnsucht nach dem Unerreichbaren geprägt war.

Auf den ersten Blick hinterlässt das Gedicht einen eher melancholischen Eindruck. Es handelt von einer unglücklichen Beziehung zwischen dem lyrischen Ich und einer dritten Person, die als schöner Junge charakterisiert wird.

Inhaltlich erzählt das Gedicht von einer folgenschweren Liebe. In der ersten Strophe nährt sich der Junge dem lyrischen Ich und macht ihm Komplimente. Das lyrische Ich warnt vor dem trügerischen Herzen des Jungen, was ein Hinweis auf dessen Unaufrichtigkeit und Unbeständigkeit ist. In der zweiten Strophe wird das lyrische Ich von dem Jungen verführt, wird aber erneut davor gewarnt, seinem Herzen Glauben zu schenken. In der dritten und letzten Strophe wird das lyrische Ich verlassen. In seiner Verzweiflung und Einsamkeit wünscht es sich den Tod.

Die Form des Gedichts entspricht der einer Ballade, d.h. es besteht aus drei Strophen zu je acht Versen. In jeder Strophe gibt es eine Wiederholung des ersten und letzten Verses, was eine Art Refrain bildet und die Warnung des lyrischen Ichs hervorhebt.

Die Sprache des Gedichts ist geprägt von bildhaften Metaphern und lebendigen Natursymbolen, die typisch für die Romantik sind. So steht beispielsweise der kalte Schnee im ersten Vers symbolisch für die Kälte und Entfremdung, die das lyrische Ich empfindet, während die Lerchen in der letzten Strophe das Gefühl der Freiheit und Unabhängigkeit aufgreifen, das dem lyrischen Ich durch die Trennung verloren gegangen ist.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass „Der Schnee“ von Eichendorff ein typisches Gedicht der Romantik ist, das die Themen Liebe, Natur und Melancholie aufgreift und diese in einer schwermütigen Atmosphäre veranschaulicht.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Schnee“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joseph von Eichendorff. Im Jahr 1788 wurde Eichendorff geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1804 und 1857. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Frühromantik lässt sich zeitlich bis in das Jahr 1804 einordnen. Die Hochromantik bis 1815 und die Spätromantik bis in das Jahr 1848. Die Welt, die sich durch die beginnende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Romantik. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. So gilt beispielsweise die Blaue Blume als das zentrale Motiv der Romantik. Sie symbolisiert Liebe und Sehnsucht und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Literatur der Romantik. Sie ist der Schauplatz für zahlreiche weitere Motive dieser Epoche: Tod, Vergänglichkeit und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über den Inhalt als auch über die Form des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die festen Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken fällt auf.

Das vorliegende Gedicht umfasst 127 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Die Gedichte „Auch ein Gedicht?“, „Der Isegrimm“ und „Der verliebte Reisende“ sind weitere Werke des Autors Joseph von Eichendorff. Zum Autor des Gedichtes „Der Schnee“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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