Die späte Hochzeit von Joseph von Eichendorff

Der Mond ging unter - jetzt ist's Zeit.
Der Bräut'gam steigt vom Roß,
Er hat so lange schon gefreit
Da tut sich auf das Schloß,
Und in der Halle sitzt die Braut
Auf diamantnem Sitz,
Von ihrem Schmuck tut's durch den Bau
Ein'n langen roten Blitz.
Blass' Knaben warten schweigend auf,
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Still' Gäste stehn herum,
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Da richt't die Braut sich langsam auf,
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So hoch und bleich und stumm.
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Sie schlägt zurück ihr Goldgewand,
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Da schauert ihn vor Lust,
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Sie langt mit kalter, weißer Hand
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Das Herz ihm aus der Brust.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Die späte Hochzeit“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
90
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorgegebene Gedicht heißt „Die späte Hochzeit“ und wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, einem bekannten deutschen Lyriker und Schriftsteller aus der Epoche der Romantik, der in den Jahren 1788 bis 1857 lebte. Es lässt sich zeitlich in das 19. Jahrhundert einordnen.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht mysteriös und symbolisch. Es kündigt auf eine bildhafte Weise eine späte Hochzeit an, wobei eine dramatische Handlung mit der Unterzeichnung einer düsteren, fast unheimlichen Atmosphäre aufgebaut wird.

Inhaltlich erzählt das Gedicht von einem lang erwarteten Hochzeitsereignis. Das lyrische Ich beschreibt im ersten Teil, wie der Bräutigam von seinem Ross steigt, kurz nachdem der Mond untergegangen ist, was als Metapher für das Ende einer langen Brautwerbung verstanden werden kann. Das Schloss, in dem die Hochzeit stattfindet, öffnet sich und offenbart die Braut in majestätischer Szenerie und mit beeindruckendem Schmuck. Die Stimmung ist gedämpft und erwartungsvoll; das lyrische Ich beschreibt blasse Knaben und stillstehende Gäste. Im finalen Teil steht die Braut auf, wirkt dabei aber blass und stumm. Sie entringt dem Bräutigam symbolisch das Herz, was sowohl als Sinnbild der Liebe wie auch als Anspielung auf den schauderhaften, befremdlichen Akt interpretiert werden kann.

In dieser Auslegung könnte der Text als Kommentar auf die gesellschaftliche Konvention der arrangierten Ehe gedeutet werden, in der Liebe und Zuneigung oft nebensächlich sind.

Im Hinblick auf Form und Sprache zeigt sich das Gedicht von Eichendorff in regelmäßigen Versen, was einen monotonen, fast zermürbenden Rhythmus erzeugt. Dieser könnte als Spiegelbild für die lange Wartezeit und die damit verbundene Anspannung stehen. Eichendorffs Sprache ist bildreich und voller Metaphern, was es ermöglicht, die inneren Emotionen und die Atmosphäre der Szene intensiv zu vermitteln. Dabei dominiert eine düstere, bedrohliche Bildsprache, die das Gefühl der Fremdartigkeit und möglichen Unbequemlichkeit der Szenerie unterstreicht. So verschmelzen romantische Motive mit einer fast gespenstischen Symbolik, was eine typische Charakteristik der späten Romantik darstellt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die späte Hochzeit“ ist Joseph von Eichendorff. 1788 wurde Eichendorff geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1804 bis 1857 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Bei dem Schriftsteller Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kunstgeschichte, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert hinein die Literatur, Musik, Kunst und Philosophie prägte. Auf die Literatur beschränkt betrachtet reichen die Auswirkungen der Romantik lediglich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hinein. Die Literaturepoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führte die Industrialisierung. Die neue Maschinenwelt förderte Verstädterung und Landflucht. Die zuvor empfundene Geborgenheit war für die Lyriker der Romantik in Auflösung begriffen. In der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Missstände dieser Zeit bleiben außen vor und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist gerade die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Außerdem sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die Grundthemen der Epoche waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde materialisiert. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 90 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 16 Versen. Weitere Werke des Dichters Joseph von Eichendorff sind „Abschied“, „Antwort“ und „Auch ein Gedicht?“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die späte Hochzeit“ weitere 395 Gedichte vor.

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