Der Schatzgräber von Joseph von Eichendorff

Wenn alle Wälder schliefen,
Er an zu graben hub,
Rastlos in Berges Tiefen
Nach einem Schatz er grub.
 
Die Engel Gottes sangen
Derweil in stiller Nacht,
Wie rote Augen drangen
Metalle aus dem Schacht.
 
»Und wirst doch mein!« und grimmer
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Wühlt er und wühlt hinab,
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Da stürzen Steine und Trümmer
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Über dem Narren herab.
 
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Hohnlachen wild erschallte
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Aus der verfallnen Kluft,
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Der Engelgesang verhallte
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Wehmütig in der Luft.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Der Schatzgräber“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
68
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorgelegte Gedicht trägt den Titel „Der Schatzgräber“ und wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, einem bedeutenden Vertreter der Hochromantik. Eichendorff lebte von 1788 bis 1857, was das Gedicht zeitlich in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts einordnet.

Beim ersten Lesen erweckt das Gedicht einen düsteren und geheimnisvollen Eindruck. Es geht um einen Schatzgräber, der nachts in der Tiefe eines Berges nach einem Schatz sucht, während Engelsgesänge erklingen. Als er jedoch zu tief gräbt, stürzen Steine und Trümmer über ihm ein.

Einfach ausgedrückt, beschreibt das lyrische Ich einen Mann, der besessen von der Suche nach einem Schatz ist. Dabei drückt es seine Besessenheit und seine intensiven Anstrengungen aus. Die Erwähnung der Engel könnte auf eine göttliche Gegenwart oder Beaufsichtigung hinweisen. Als der Schatzgräber jedoch seine Suche fortsetzt, riskiert er sein eigenes Leben und wird schließlich von Trümmern begraben. Es scheint, dass das lyrische Ich eine Warnung gegen Gier und die Obsession für materiellen Besitz ausdrückt.

Formal betrachtet besteht das Gedicht aus vier Strophen zu je vier Versen. Es ist in einem traditionellen Reim-Schema gehalten und die verwendete Sprache ist relativ einfach, aber dennoch malerisch und ausdrucksstark. Eichendorff setzt Metapher und starke visuelle Bilder ein, um die Szene lebendig zu machen und die Emotionen des Schatzgräbers zu verdeutlichen. Dabei erschafft er eine dunkle, mysteriöse und bedrohliche Atmosphäre.

Der Sprachstil von Eichendorff, geprägt durch natürliche und archaische Worte, reflektiert die romantische Tradition, aus der er kommt. Die Elemente der Natur - der schlafende Wald, der tiefe Berg - sind wichtige Symbole in der Romantik und repräsentieren die intensive Verbindung zwischen Mensch und Natur. Dies, in Kombination mit religiösen Bildern - den singenden Engeln - kann als Darstellung der romantischen Vorstellung vom Streben nach Harmonie zwischen Mensch, Natur und Gott interpretiert werden. Die tragische Konsequenz der ungebremsten Schatzsuche zeigt die Gefahr auf, die entsteht, wenn dieser natürliche Ausgleich gestört wird.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Schatzgräber“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joseph von Eichendorff. Im Jahr 1788 wurde Eichendorff geboren. Zwischen den Jahren 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Der Schriftsteller Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Der Romantik vorausgegangen waren die Epochen der Weimarer Klassik und der Aufklärung. Die Literaturepoche der Romantik ist zeitlich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein einzuordnen. Besonders auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Musik und der Literatur hatte diese Epoche Auswirkungen. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Romantikern zuwider. Sie stellten sich in ihren Schriften gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. In der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Missstände dieser Zeit bleiben außen vor und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist gerade die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Des Weiteren sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die Grundthemen waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde materialisiert. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Texten und Gedichten. Phantasie ist für die Schriftsteller der Romantik das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Wissenschaft und Poesie, zwischen Wirklichkeit und Traum soll durchbrochen werden. Die Romantiker streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es, alle Lebensbereiche zu poetisieren.

Das vorliegende Gedicht umfasst 68 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Der verliebte Reisende“, „Die Heimat“ und „In Danzig“. Zum Autor des Gedichtes „Der Schatzgräber“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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