Von Engeln und von Bengeln von Joseph von Eichendorff
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Im Frühling auf grünem Hügel |
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Da saßen viel Engelein, |
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Die putzten sich ihre Flügel |
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Und spielten im Sonnenschein. |
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Da kamen Störche gezogen, |
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Und jeder sich eines nahm, |
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Und ist damit fortgeflogen, |
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Bis daß er zu Menschen kam. |
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Und wo er anklopft' bescheiden |
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Der kluge Adebar, |
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Da war das Haus voller Freuden |
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So geht es noch alle Jahr. |
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Die Engel weinten und lachten |
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Und wußten nicht, wie ihn'n geschehn. |
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Die einen doch bald sich bedachten, |
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Und meinten: das wird wohl gehn! |
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Die machten bald wichtige Mienen |
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Und wurden erstaunlich klug, |
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Die Flügel gar unnütz ihn'n schienen, |
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Sie schämten sich deren genug. |
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Und mit dem Flügelkleide |
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Sie ließen den Flügelschnack, |
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Das war keine kleine Freude: |
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Nun stattlich in Hosen und Frack! |
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So wurden sie immer gescheuter |
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Und applizierten sich recht |
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Das wurden ansehnliche Leute, |
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Befanden sich gar nicht schlecht. |
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Den andern war's, wenn die Aue |
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Noch dämmert' im Frühlingsschein, |
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Als zöge ein Engel durchs Blaue |
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Und rief' die Gesellen sein. |
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Die suchten den alten Hügel, |
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Der lag so hoch und weit |
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Und dehnten sehnsüchtig die Flügel |
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Mit jeder Frühlingszeit. |
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Die Flügeldecken zersprangen, |
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Weit, morgenschön strahlt' die Welt, |
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Und übers Grün sie sich schwangen |
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Bis an das Himmelszelt. |
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Das fanden sie droben verschlossen, |
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Versäumten unten die Zeit |
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So irrten die kühnen Genossen, |
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Verlassen in Lust und Leid. |
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Und als es nun kam zum Sterben, |
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Gott Vater zur Erden trat, |
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Seine Kinder wieder zu werben, |
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Die der Storch vertragen hat. |
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Die einen konnten nicht fliegen, |
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So wohlleibig, träg und schwer, |
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Die mußt Er da lassen liegen, |
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Das tat ihm leid so sehr. |
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Die andern streckten die Schwingen |
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In den Morgenglanz hinaus, |
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Und hörten die Engel singen, |
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Und flogen jauchzend nach Haus! |
Details zum Gedicht „Von Engeln und von Bengeln“
Joseph von Eichendorff
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277
1788 - 1857
Romantik
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „Von Engeln und von Bengeln“ und stammt vom deutschen Lyriker Joseph von Eichendorff. Eichendorff zählt zu den bedeutenden Vertretern der literarischen Epoche der Romantik, die sich von etwa 1795 bis 1848 erstreckt. Sein Geburtsdatum am 10. März 1788 und sein Todesdatum am 26. November 1857 ermöglicht eine grobe zeitliche Einordnung des Gedichts.
Bereits beim ersten Lesen fällt auf, dass das Gedicht eine leichte, fast märchenhafte Atmosphäre hat. Mit seinen Darstellungen von Engeln, die im Frühling auf einem grünen Hügel spielen, und Störchen, die diese Engel zu den Menschen bringen, wirkt es zunächst wie eine charmante Erzählung. Doch je weiter man liest, desto deutlicher wird, dass Eichendorff hier in Wirklichkeit eine tiefere Aussage treffen will.
Inhaltlich beschreibt das Gedicht den Weg eines Lebens, beginnend mit der Geburt, symbolisiert durch die Engel, die von den Störchen zu den Menschen gebracht werden. Dies entspricht der volkstümlichen Vorstellung, dass Störche die Kinder bringen. Einige der Engel passen sich dem weltlichen Leben an und verlieren ihre Flügel, was ein Verlust ihrer Unschuld und ihrer geistigen Verbindung zum Himmlischen darstellen könnte. Andere Engel versuchen ihre Flügel zu behalten und sehnen sich nach ihrem Ursprungsort, dem Himmel. Am Ende des Lebens, dem Tod, können nur die Engel mit ihren erhaltenen Flügeln wieder in den Himmel zurückkehren. Gott Vater muss diejenigen, die ihre Flügel verloren haben und daher nicht fliegen können, auf der Erde lassen. Dies drückt Wehmut und Bedauern aus.
Die Form des Gedichts ist durchgehend streng geordnet. Jede Strophe besteht aus vier Versen, und die Reime folgen einem klaren Schema (aabb). Diese Ordnung trägt zur Klarheit und Verständlichkeit der Botschaft bei.
Die Sprache des Gedichts ist leicht verständlich und schlicht, ganz im Stil der Romantiker. Allerdings versteckt Eichendorff viel Symbolik in seinen Versen. Die Engel, der Storch, die Flügel, das grüne Feld, der Himmel – all diese Elemente können als Metaphern für verschiedene Aspekte des Lebens interpretiert werden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Eichendorff mit „Von Engeln und von Bengeln“ ein faszinierendes Gedicht geschrieben hat, das trotz seiner scheinbaren Einfachheit und Leichtigkeit eine tiefgründige Botschaft über das menschliche Leben und seine Verbindung zum Göttlichen enthält. Seine poetische Fähigkeit zeigt sich besonders im Umgang mit Symbolik und Metaphorik, die er gekonnt einsetzt, um seine Botschaft zu vermitteln.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Von Engeln und von Bengeln“ des Autors Joseph von Eichendorff. 1788 wurde Eichendorff geboren. Im Zeitraum zwischen 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Literaturepoche der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Welt, die sich durch die einsetzende Verstädterung und Industrialisierung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Romantik. Bedeutende Motive in der Lyrik der Romantik sind die Ferne und Sehnsucht sowie das Gefühl der Heimatlosigkeit. Weitere Motive sind das Fernweh, das Nachtmotiv oder die Todessehnsucht. So symbolisierte die Nacht nicht nur die Dunkelheit, sondern auch das Geheimnisvolle, Mysteriöse und galt als Quelle der Liebe. Merkmale der Romantik sind die Hinwendung zur Natur, die Weltflucht oder der Rückzug in Traumwelten. Insbesondere ist aber auch die Idealisierung des Mittelalters aufzuzeigen. Kunst und Architektur des Mittelalters wurden von den Romantikern wieder geschätzt. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und Klarheit der Gedanken, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unbegrenzt. Dabei baut sie zwar auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.
Das 277 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 56 Versen mit insgesamt 14 Strophen. Weitere Werke des Dichters Joseph von Eichendorff sind „Der verliebte Reisende“, „Die Heimat“ und „In Danzig“. Zum Autor des Gedichtes „Von Engeln und von Bengeln“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.
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