Contenti estote von Theodor Fontane

Tieck, jung noch, kam zum alten Reil.
»Herr Geheimrat, ich leide schon eine Weil',
Eigentlich hab' ich immer gelitten
Ich möchte mir Ihren Rat erbitten.«
 
»?Nun, lassen Sie hören, lieber Tieck,
Vielleicht Migräne, vielleicht Kolik?
Sie schütteln den Kopf. Vielleicht was am Herzen
Oder an der Leber? Haben Sie Schmerzen??«
 
»Nicht eigentlich das. Wohl mal, daß es sticht,
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Aber wirkliche Schmerzen hab' ich nicht.«
 
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»?Sehr erfreulich. Und wenn ich's damit nicht traf,
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Wie steht's mit der Hauptsach'? Wie steht's mit dem
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Schlaf??«
 
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»In dem Punkt zähl' ich mich zu den Gesunden,
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Ich schlafe doch mindestens meine neun Stunden.«
 
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»?Vortrefflich. So bleibt uns als letztes Gebiet
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Nur noch die Verdauung; wie ist der Apptit??«
 
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»Auch damit geht es; ich kann nicht klagen,
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Ja, ich glaube, mein Bestes ist der Magen;
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Oft wenn ich erschöpft bin - mit Freunden bei Tische,
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Gleich hab' ich wieder die volle Frische.«
 
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Da lachte boshaft der alte Reil.
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»?Lieber Tieck, mit Ihnen hat es nicht Eil',
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Appetit und Schlaf und keine Schmerzen,
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Da danken andere Gott im Herzen,
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Ihre Krankheit ist nichts als ein krankhaft Verlangen,
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Es ist Ihnen immer zu gut gegangen,
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Ein bißchen mehr Sorge bei schmalerem Brote,
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Das fehlt Ihnen, Freund. Contenti estote.?«
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.2 KB)

Details zum Gedicht „Contenti estote“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
29
Anzahl Wörter
200
Entstehungsjahr
1819 - 1898
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht mit dem Titel „Contenti estote“ wurde von Theodor Fontane, einem deutschen Schriftsteller und Journalisten, der im 19. Jahrhundert lebte, verfasst. Besonders bekannt wurde Fontane durch seine Romane und seine Balladen.

Auf den ersten Blick sticht die Struktur des Gedichtes hervor. Es besteht aus einer Serie von Dialogen zwischen zwei Charakteren. Der Titel „Contenti estote“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „Seid zufrieden“.

Im Inhalt des Gedichtes geht es um ein Gespräch zwischen dem jungen Tieck und dem alten Reil. Tieck bittet Reil um Rat, da er das Gefühl hat, immer schon gelitten zu haben. Reil versucht herauszufinden, was ihm fehlt. Sie besprechen verschiedene physische Beschwerden (Migräne, Leberprobleme, Herzschmerzen), aber Tieck verneint alle Symptome. Sein Schlaf ist gesund, sein Appetit ist gut und er hat keine körperlichen Schmerzen. Letztlich erklärt Reil, dass Tiecks 'Leiden' kein echtes Leiden ist, sondern eher auf ein „krankhaftes Verlangen“ zurückzuführen ist und rät ihm, zufrieden zu sein.

In diesem Gedicht zeigt das lyrische Ich eine gewisse Unzufriedenheit und Unruhe, trotz fehlender physischer Beschwerden. Das Gedicht kann als Kritik an der Unzufriedenheit mit dem guten Leben, sowie an der menschlichen Natur, ständig mehr zu wollen und nie zufrieden zu sein, gesehen werden.

Das Gedicht folgt keinem traditionellen Reimschema und verwendet eine konversationelle Sprache. Es hat eine Art beratendes Gespräch, was das Gedicht ziemlich einzigartig macht. Die Verse sind ziemlich einfach gehalten und leicht zu verstehen, was zur „einfachen“ Botschaft des Gedichtes passt - einfach zufrieden zu sein. Der Autor verwendet auch Humor und Ironie, um seine Botschaft zu vermitteln, was die Schärfe seiner Kritik mildert.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass „Contenti estote“ von Fontane die Tendenz der Menschen aufzeigt, unzufrieden zu sein, obwohl es keinen wirklichen Grund dafür gibt, was eine tiefergehende Frage nach dem Sinn des Lebens und des Strebens nach Glück aufwirft.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Contenti estote“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Theodor Fontane. Fontane wurde im Jahr 1819 in Neuruppin geboren. In der Zeit von 1835 bis 1898 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Bei Fontane handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 29 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 200 Worte. Theodor Fontane ist auch der Autor für Gedichte wie „An Emilie“, „An Lischen“ und „An Marie“. Zum Autor des Gedichtes „Contenti estote“ haben wir auf abi-pur.de weitere 214 Gedichte veröffentlicht.

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