Britannia an ihren Sohn John Bull von Theodor Fontane
1 |
»Sohn, hier hast du meinen Speer, |
2 |
Nimm dir viel und dann noch mehr; |
3 |
Daß die Meere dir gehören, |
4 |
Brauch' ich dir nicht erst zu schwören, |
5 |
Aber auch die Terrafirmen |
6 |
Mußt du Christi will'n beschirmen, |
7 |
Christi will'n und cottons wegen, |
8 |
Our Navy gibt den Segen. |
9 |
Denk' und woll' es nie vergessen: |
10 |
Wo sie jetzt noch Menschen fressen |
11 |
Und in ihren nackten Leibern |
12 |
Tanzen mit noch nacktern Weibern, |
13 |
Auch an solchen schlimmsten Stellen |
14 |
Braucht man nächstens sieben Ellen. |
15 |
Endlich muß die Stunde schlagen, |
16 |
Wo auch diese Hosen tragen, |
17 |
Und auf hundert Hosenpaare |
18 |
Kommen fünfzig Missionare, |
19 |
Nebenher wird Gold gegraben |
20 |
Andre mögen andres haben, |
21 |
Andre mögen andres nehmen, |
22 |
Und du darfst es nicht verfemen, |
23 |
Wenn am Nordpol sie versaufen |
24 |
Oder auch bloß Schlittschuh laufen.« |
Details zum Gedicht „Britannia an ihren Sohn John Bull“
Theodor Fontane
1
24
121
1819 - 1898
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Britannia an ihren Sohn John Bull“ wurde von Theodor Fontane verfasst, einem der bedeutendsten deutschen Dichter des Realismus, der im 19. Jahrhundert lebte.
Auf den ersten Blick scheint das Gedicht der Klage einer Mutter zu ihrem Sohn zu ähneln, die ihn ermahnt und Anweisungen gibt. Doch es steckt weitaus mehr hinter diesen Versen. Theodor Fontane benutzt hier die Personifikation von Britannien als Mutter, die an ihren Sohn, John Bull, spricht. John Bull ist eine satirische Figur, die England und die englische Nation symbolisiert.
Inhaltlich geht das Gedicht auf die imperialistische Politik Großbritanniens ein. Die Mutter ermutigt ihren Sohn, mehr Land und Kontrolle zu erlangen, unter der Prämisse, das Christentum und den Baumwollhandel zu verbreiten (Vers 6 und 7). Es ist eine Anspielung auf die den Handel fördernde Ausdehnung des britischen Kolonialreichs und die aggressive Expansionspolitik des Landes. Es wird auch auf die Kontrolle von „nackten Leibern“ hingewiesen, was sich auf die Koloniebewohner beziehen könnte, die dazu gebracht werden, westliche Kleidung und Sitten zu übernehmen (Vers 12 und 16).
In Bezug auf Form und Sprache ist das Gedicht in freien Versen geschrieben und lädt zur freien Interpretation ein. Es ist ein rhetorisches Gedicht, da die Mutter an ihren Sohn appelliert. Der Stil des Gedichts ist ironisch und satirisch, was durch die Nutzung des English Pidgin deutlich wird (Vers 8 und Vers 24). Fontane macht hier Gebrauch von einem sprachlichen Mittel, bei dem bestimmte Wörter oder Ausdrücke in einer ungewöhnlichen, oft übertriebenen Weise verwendet werden, um stark auf die Absurdität und Inhumanität des Imperialismus und der Kolonisierung hinzuweisen. Die Verwendung von Elementen des eigentlichen Englischen unterstreicht die Thematik des Gedichts und lädt zu einem kritischen Blick auf die britische Kolonialpolitik ein.
Zusammengefasst lässt sich sagen, das Gedicht ist eine starke Kritik an der Ausbeutung und Verdrehung von Wirtschaft und Kultur durch die Ausbreitung des britischen Empire. Es zeigt einen zerstörerischen zivilisatorischen Prozess, der seinerzeit unter dem Deckmantel von „Christentum und Handel“ ausgeübt wurde. Fontane stellt dies facettenreich und ironisch in seinem Gedicht dar.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Britannia an ihren Sohn John Bull“ ist Theodor Fontane. Der Autor Theodor Fontane wurde 1819 in Neuruppin geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1835 und 1898. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Fontane handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 121 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit nur einer Strophe. Die Gedichte „An Lischen“, „An Marie“ und „An meinem Fünfundsiebzigsten“ sind weitere Werke des Autors Theodor Fontane. Zum Autor des Gedichtes „Britannia an ihren Sohn John Bull“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 214 Gedichte vor.
+ Mehr Informationen zum Autor / Gedicht einblenden.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?
Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Theodor Fontane
Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Theodor Fontane und seinem Gedicht „Britannia an ihren Sohn John Bull“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.
- Fontane, Theodor - Unsere lyrische und epische Poesie seit 1848 (Aufsatz)
- Fontane, Theodor - Effi Briest (Lektüreauftrag)
- Fontane, Theodor - Archibald Douglas
- Fontane, Theodor - Irrungen, Wirrungen (Analyse Kapitel 4)
- Fontane, Theodor - Effi Briest (Übung Kreatives Schreiben)
Weitere Gedichte des Autors Theodor Fontane (Infos zum Autor)
- Aber es bleibt auf dem alten Fleck
- Afrikareisender
- Alles still!
- Am Jahrestag
- An Bettina
- An Emilie
- An Lischen
- An Marie
- An meinem Fünfundsiebzigsten
- Auf der Treppe von Sanssouci
Zum Autor Theodor Fontane sind auf abi-pur.de 214 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt