Junker Dampf von Theodor Fontane
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Aus einem edlen Stamme |
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Sproß er, der Junker Dampf: |
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Das Wasser und die Flamme, |
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Sie zeugten ihn im Kampf; |
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Doch hin und her getragen, |
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Ein Spielball jedem Wind, |
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Schien aus der Art geschlagen |
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Das Elementenkind. |
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Ja, frei an Füß' und Händen |
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Ist er ein lockrer Fant, |
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Doch hinter Kerkerwänden, |
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Da wird er ein Gigant: |
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In tausend Trümmerreste |
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Zerschlägt er jede Haft, |
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Mit ihrer Dicht' und Feste |
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Wächst seine Riesenkraft. |
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Selbst da, wo seiner Zelle |
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Ein schmales Pförtlein blieb, |
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Ringt er nach Luft und Helle |
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Mit solchem Sturmestrieb, |
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Daß, wenn ihn beim Entwischen |
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Des Tores Enge hemmt, |
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Den Kerker unter Zischen |
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Er auf die Schulter klemmt. |
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Und so, trotz eh'rner Fessel |
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An Füßen noch und Hand, |
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Reißt er den Kerkerkessel |
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Im Fluge mit durchs Land, |
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Reißt ganze Häuserreihen |
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Mit fort, wie Wirbelwind, |
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Bis wieder er im Freien |
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Nichts als - ein spielend Kind. |
Details zum Gedicht „Junker Dampf“
Theodor Fontane
4
32
142
1819 - 1898
Realismus
Gedicht-Analyse
Das hier vorgelegte Gedicht „Junker Dampf“ wurde von Theodor Fontane verfasst, einem der bekanntesten deutschen Schriftsteller des Realismus. Das Gedicht entstand vermutlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, einer Zeit, in der die Industrialisierung stark an Fahrt aufnahm und die Welt durch Erfindungen und technischen Fortschritt massiv verändert wurde.
Auf den ersten Blick scheint das Gedicht eine Person namens „Junker Dampf“ in den Fokus zu stellen. Beim näheren Lesen wird jedoch klar, dass es sich bei Junker Dampf um eine literarische Verkörperung der Dampfkraft handelt, die zur damaligen Zeit als Antrieb für Maschinen und Lokomotiven genutzt wurde.
Das lyrische Ich beschreibt im Gedicht die dualen Eigenschaften der Dampfkraft. Einerseits wird sie als „Spielball jedem Wind“ und „Elementenkind“ dargestellt, was ihre Naturverbundenheit und ihre Unberechenbarkeit zum Ausdruck bringt. Andererseits wird betont, wie ihre Kraft in „Kerkerwänden“ gebändigt wird und zu einem „Giganten“ heranwächst, der sogar in der Lage ist, Fesseln zu zerbrechen und ganze Häuserreihen mitzureißen.
Im Kontext seiner Entstehungszeit kann das Gedicht als eine Reflexion der ambivalenten Haltung der Gesellschaft gegenüber dem technologischen Fortschritt gesehen werden, von dem man sich einerseits fasziniert zeigte, der aber andererseits auch Ängste und Unsicherheiten auslöste.
Die Form des Gedichtes ist geprägt durch ein festes Reimschema (abab) und gleichbleibende Verslänge über die vier Strophen hinweg. Die Sprache ist sehr bildhaft und nutzt zahlreiche Metaphern, um die Kräfte und Wirkungen des Dampfes zu veranschaulichen. Durch die Personifizierung des Dampfes als „Junker“ wird zudem eine gewisse Erhabenheit und Würde verliehen, die den enormen Einfluss dieser Kraft auf die Gesellschaft unterstreicht.
Insgesamt verbindet Fontane in seinem Gedicht naturhafte und technische Elemente, um die damals ganz neue und beeindruckende Kraft des Dampfes in all ihren Facetten darzustellen und die Ambivalenz der Gesellschaft gegenüber dem technologischen Fortschritt zum Ausdruck zu bringen.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Junker Dampf“ ist Theodor Fontane. Der Autor Theodor Fontane wurde 1819 in Neuruppin geboren. Im Zeitraum zwischen 1835 und 1898 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Realismus zuordnen. Fontane ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 142 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 32 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Theodor Fontane sind „Aber es bleibt auf dem alten Fleck“, „Afrikareisender“ und „Alles still!“. Zum Autor des Gedichtes „Junker Dampf“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 214 Gedichte vor.
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