Der Halligmatrose von Hermann Ludwig Allmers

Kaptain, ich bitt´ euch, laßt mich fort,
O lasset mich frei, sonst lauf ich von Bord,
Ich muß heim, muß heim nach der Hallig!
Schon sind vergangen drei ganze Jahr,
Daß ich stets zu Schiff, daß ich dort nicht war,
Auf der Hallig, der lieben Hallig.
Nein, Jasper, nein, das sag´ ich dir,
Noch diese Reise machst du mit mir,
Dann darfst du gehn nach der Hallig.
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Doch sage mir, Jasper, was willst du dort?
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Es ist ein so öder, armseliger Ort,
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Die kleine, einsame Hallig.
 
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Ach, mein Kapitän, dort ist´s wohl gut,
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Und an keinem Ort wird mir so zumut,
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So wohl als auf der Hallig;
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Und mein Weib hat um mich manch traurige Nacht,
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Hab´ so lang nicht gesehn, wie mein Kind mir gelacht
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Und Haus und Hof auf der Hallig.
 
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So höre denn, Jasper, was ich dir sag´:
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Es ist gekommen ein böser Tag,
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Ein böser Tag für die Hallig;
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Auch die Schafe und Lämmer sind fortgespült,
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Auch dein Haus ist fort, deine Wurt zerwühlt;
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Was wolltest du tun auf der Hallig?
 
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Doch sollst du nicht hin, vorbei ist die Not,
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Dein Weib ist tot, und dein Kind ist tot,
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Ertrunken beid´ auf der Hallig.
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Auch die Schafe und Lämmer sind fortgespült,
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Auch dein Haus ist fort, deine Wurt zerwühlt;
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Was wolltest du tun auf der Hallig?
 
31 
Ach Gott, Kapitän, ist das geschehn!
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Alles soll ich nicht wiedersehn,
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Was lieb mir war auf der Hallig?
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Und ihr fragt mich noch, was ich dort will tun?
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Will sterben und im Grase ruhn
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Auf der Hallig, der lieben Hallig.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.5 KB)

Details zum Gedicht „Der Halligmatrose“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
261
Entstehungsjahr
1821 - 1902
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Halligmatrose“ wurde von dem deutschen Dichter Hermann Ludwig Allmers geschrieben, welcher in die Epoche des Realismus im 19. Jahrhundert hinein einzuordnen ist.

Bereits der erste Eindruck des Gedichts lässt eine traurige und sehnsuchtserfüllte Stimmung erkennen, welche im direkten Dialog zwischen einem Seemann und seinem Kapitän zum Ausdruck kommt.

Im Inhalt des Gedichts fordert das lyrische Ich, der Matrose namens Jasper, den Kapitän dazu auf, ihn von Bord zu lassen, da er sich nach seiner Heimat, der Hallig, sehnt (Strophe 1). Er erklärt, dass er lange Zeit nicht dort gewesen ist und sein Zuhause sowie seine Familie sehr vermisst (Strophe 2). Der Kapitän entgegnet jedoch, dass ein Unglück die Hallig heimgesucht hat und dessen Heimat zerstört ist (Strophe 3). Er offenbart ihm schließlich, dass seine Familie während des Unglücks ums Leben kam (Strophe 4). Überwältigt von Trauer, äußert Jasper seinen einzig verbliebenen Wunsch: Er möchte auf seiner geliebten Hallig begraben werden und dort seine letzte Ruhe finden (Strophe 5).

Die dramatische Geschichte wird in Form eines direkten Dialogs zwischen Jasper und seinem Kapitän erzählt. Dies erzeugt einerseits eine unmittelbare emotionale Intensität und verleiht dem Gedicht andererseits einen erzählerischen Charakter.

Bezüglich der Sprache des Gedichts fällt auf, dass Allmers eine einfache, bildhafte und ausdrucksstarke Sprache verwendet, welche die bestimmenden Themen Heimatliebe und Sehnsucht eindrucksvoll unterstreicht.

Allmers Gedicht „Der Halligmatrose“ vermittelt eine traurige und melancholische Stimmung und thematisiert die Verzweiflung und Heimweh eines Seemanns, der am Ende mit der Zerstörung seiner Heimat und dem Verlust seiner Familie konfrontiert wird. Sein einziger Wunsch ist es, in seiner geliebten Heimat seine letzte Ruhe zu finden. In seiner sprachlich einfachen und doch eindrucksvollen Gestaltung ergreift das Gedicht den Leser und hinterlässt ein nachdenkliches Echo.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Halligmatrose“ des Autors Hermann Ludwig Allmers. Allmers wurde im Jahr 1821 in Rechtenfleth (Niedersachsen) geboren. In der Zeit von 1837 bis 1902 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 261 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Hermann Ludwig Allmers ist auch der Autor für Gedichte wie „Dahin“, „Nachtsegen“ und „Nebelkampf“. Zum Autor des Gedichtes „Der Halligmatrose“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 18 Gedichte vor.

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