Urians Reise um die Welt von Matthias Claudius

Wenn jemand eine Reise tut,
So kann er was verzählen;
Drum nahm ich meinen Stock und Hut,
Und tät das Reisen wählen.
Tutti
Da hat Er gar nicht übel dran getan;
Verzähl' Er doch weiter Herr Urian!
 
Zuerst ging's an den Nordpol hin;
Da war es kalt, bei Ehre!
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Da dacht' ich denn in meinem Sinn,
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Daß es hier besser wäre.
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Tutti
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Da hat Er gar nicht übel dran getan;
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Verzähl' Er doch weiter Herr Urian!
 
15 
In Grönland freuten sie sich sehr,
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Mich ihres Orts zu sehen,
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Und setzten mir den Trankrug her;
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Ich ließ ihn aber stehen.
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Tutti
20 
Da hat Er gar nicht übel dran getan;
21 
Verzähl' Er doch weiter Herr Urian!
 
22 
Die Esquimaux sind wild und groß,
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Zu allem Guten träge;
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Da schalt ich einen einen Kloß,
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Und kriegte viele Schläge.
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Tutti
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Da hat Er gar nicht übel dran getan;
28 
Verzähl' Er doch weiter Herr Urian!
 
29 
Nun war ich in Amerika;
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Da sagt' ich zu mir: Lieber!
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Nordwestpassage ist doch da;
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Mach dich einmal darüber!
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Tutti
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Da hat Er gar nicht übel dran getan;
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Verzähl' Er doch weiter Herr Urian!
 
36 
Flugs ich an Bord und aus ins Meer,
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Den Tubus festgebunden,
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Und suchte sie die Kreuz und Quer,
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Und hab sie nicht gefunden.
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Tutti
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Da hat Er gar nicht übel dran getan;
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Verzähl' Er doch weiter Herr Urian!
 
43 
Von hier ging ich nach Mexiko;
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Ist weiter als nach Bremen,
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Da, dacht' ich, liegt das Gold wie Stroh;
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Du sollst'n Sackvoll nehmen.
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Tutti
48 
Da hat Er gar nicht übel dran getan;
49 
Verzähl' Er doch weiter Herr Urian!
 
50 
Allein, allein, allein, allein,
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Wie kann ein Mensch sich trügen!
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Ich fand da nichts als Sand und Stein,
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Und ließ den Sack da liegen.
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Tutti
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Da hat Er gar nicht übel dran getan;
56 
Verzähl' Er doch weiter Herr Urian!
 
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Drauf kauft' ich etwas kalte Kost,
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Und Kieler Sprott und Kuchen,
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Und setzte mich auf Extrapost,
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Land Asia zu besuchen.
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Tutti
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Da hat Er gar nicht übel dran getan;
63 
Verzähl' Er doch weiter Herr Urian!
 
64 
Der Mogul ist ein großer Mann,
65 
Und gnädig über Maßen,
66 
Und klug; er war itzt eben dran,
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'n Zahn ausziehn zu lassen.
68 
Tutti
69 
Da hat Er gar nicht übel dran getan;
70 
Verzähl' Er doch weiter Herr Urian!
 
71 
Hm! dacht ich, der hat Zähnepein,
72 
Bei aller Größ' und Gaben! –
73 
Was hilfts denn auch noch: Mogul sein?
74 
Die kann man so wohl haben.
75 
Tutti
76 
Da hat Er gar nicht übel dran getan;
77 
Verzähl' Er doch weiter Herr Urian!
 
78 
Ich gab dem Wirt mein Ehrenwort,
79 
Ihn nächstens zu bezahlen;
80 
Und damit reist' ich weiter fort
81 
Nach China und Bengalen.
82 
Tutti
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Da hat Er gar nicht übel dran getan;
84 
Verzähl' Er doch weiter Herr Urian!
 
85 
Nach Java und nach Otaheit,
86 
Und Afrika nicht minder;
87 
Und sah bei der Gelegenheit
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Viel Städt' und Menschenkinder;
89 
Tutti
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Da hat Er gar nicht übel dran getan;
91 
Verzähl' Er doch weiter Herr Urian!
 
92 
Und fand es überall wie hier,
93 
Fand überall 'n Sparren,
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Die Menschen grade so wie wir,
95 
Und ebensolche Narren.
96 
Tutti
97 
Da hat Er übel übel dran getan;
98 
Verzähl' Er nicht weiter Herr Urian!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (30.4 KB)

Details zum Gedicht „Urians Reise um die Welt“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
98
Anzahl Wörter
511
Entstehungsjahr
1740 - 1815
Epoche
Empfindsamkeit

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Urians Reise um die Welt“ stammt aus der Feder des deutschen Dichters Matthias Claudius, der in der Zeit der Aufklärung lebte und wirkte. Das umfangreiche Gedicht, das vermutlich im späten 18. oder frühen 19. Jahrhundert entstanden ist, handelt von einer Weltreise, die viel Aufregendes und Erstaunliches birgt.

Beim ersten Lesen des Gedichts fällt auf, dass es von Humor, Lebendigkeit und Abenteuerlust geprägt ist. Das lyrische Ich berichtet auf unterhaltsame Weise seine Erlebnisse in verschiedenen Regionen der Welt und beschreibt sowohl die Orte als auch die Menschen, die er trifft.

Im Gedicht berichtet das lyrische Ich von seinen Reisen zu verschiedenen Orten auf der Welt, von den kalten Regionen des Nordens bis zu den exotischen Gefilden Asiens und Afrikas. Dabei wird klar, dass seine Reise sowohl aufregend als auch herausfordernd ist. Er trifft auf fremde Kulturen und Lebensweisen, die zum Teil sehr unterschiedlich von seiner eigenen sind. Jedoch entdeckt er auch eine universelle menschliche Erfahrung: überall gibt es Freude und Leid, Weisheit und Dummheit, Reichtum und Armut.

Die Form des Gedichts ist interessant: Jede Strophe besteht aus sieben Versen, was eine regelmäßige Struktur schafft. Dies ist gepaart mit einem Reimschema, das Klang und Rhythmus aufrecht erhält. Die Sprache ist einfach und direkt, oft humorvoll und lebhaft, was dem Gedicht einen zugänglichen und unterhaltsamen Charakter verleiht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Urians Reise um die Welt“ ein fesselndes, unterhaltsames und nachdenkliches Gedicht ist, das die Aufklärungszeit mit ihren Werten von Wissen, Erfahrung und Universalismus gut reflektiert. Es lädt uns ein, die Welt mit offenen Augen und einem offenen Herzen zu erkunden und dabei die Vielfalt und Gemeinsamkeiten der menschlichen Erfahrung zu würdigen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Urians Reise um die Welt“ des Autors Matthias Claudius. Der Autor Matthias Claudius wurde 1740 in Reinfeld (Holstein) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1756 und 1815. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Empfindsamkeit zuordnen. Der Schriftsteller Claudius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 511 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 98 Versen. Die Gedichte „Kriegslied“, „Kartoffellied“ und „Der Mensch“ sind weitere Werke des Autors Matthias Claudius. Zum Autor des Gedichtes „Urians Reise um die Welt“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 83 Gedichte vor.

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Das Video mit dem Titel „Ludwig van Beethoven: Urians Reise um die Welt aus Op. 52“ wurde auf YouTube veröffentlicht. Unter Umständen sind 2 Klicks auf den Play-Button erforderlich um das Video zu starten.

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