Gutmann und Gutweib von Johann Wolfgang von Goethe

Und morgen fällt St. Martins Fest,
Gutweib liebt ihren Mann;
Da knetet sie ihm Puddings ein
Und bäckt sie in der Pfann.
 
Im Bette liegen beide nun,
Da saust ein wilder West;
Und Gutmann spricht zur guten Frau:
"Du riegle die Türe fest."
 
"Bin kaum erholt und halb erwarmt,
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Wie käm ich da zu Ruh;
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Und klapperte sie einhundert Jahr,
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Ich riegelte sie nicht zu."
 
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Drauf eine Wette schlossen sie
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Ganz leise sich ins Ohr:
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So wer das erste Wörtlein spräch',
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Der schöbe den Riegel vor.
 
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Zwei Wanderer kommen um Mitternacht
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Und wissen nicht, wo sie stehn,
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Die Lampe losch, der Herd verglomm,
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Zu hören ist nichts, zu sehen.
 
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"Was ist das für ein Hexenort?
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Da bricht uns die Geduld!"
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Doch hörten sie kein Sterbenswort,
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Des war die Türe schuld.
 
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Den weißen Pudding speisten sie,
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Den Schwarzen ganz vertraut;
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Und Gutweib sagte sich selber viel,
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Doch keine Silbe laut.
 
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Zum anderen sprach der eine dann:
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"Wie trocken ist mir der Hals!
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Der Schrank, der klafft, und geistig riechts,
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Da findet sich's allenfalls.
 
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Ein Fläschchen Schnaps ergreif ich da,
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Das trifft sich doch geschickt!
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Ich bring es dir, du bringst des mir,
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Und bald sind wir erquickt.
 
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Doch Gutmann sprang so heftig auf
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Und fuhr sie drohend an:
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"Bezahlen soll mit teurem Geld,
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Wer mir den Schnaps vertan!"
 
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Und Gutweib sprang auch froh heran,
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Drei Sprünge, als wär sie reich:
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"Du Gutmann sprachst das erste Wort,
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Nun riegle die Türe gleich!"
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Gutmann und Gutweib“

Anzahl Strophen
11
Anzahl Verse
44
Anzahl Wörter
240
Entstehungsjahr
1749 - 1832
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht stammt von Johann Wolfgang von Goethe, einem der bedeutendsten Dichter der deutschen Literatur, der von 1749 bis 1832 lebte. Es ist demnach im Kontext der Weimarer Klassik und der Aufklärung zu betrachten.

Das Gedicht erzählt eine humorvolle Geschichte von Gutmann und Gutweib, einem Ehepaar, das sich am Vorabend des St. Martins Festes auf eine Art Spiel einlässt: Wer das erste Wort spricht, soll die Türe verriegeln. Inmitten dieser spannenden Szene tauchen jedoch zwei Wanderer auf, die ins verschlossene Haus eindringen und Essen sowie Schnaps verzehren wollen. Als sie anfangen, den Schnaps zu trinken, kann Gutmann sich nicht beherrschen und beschimpft sie. Damit hat er das Spiel verloren und muss die Türe verriegeln, während Gutweib triumphierend zusehen kann.

Inhaltlich geht es also um die humorvolle Schilderung eines kleinen Ehestreits, der durch die Ereignisse der Nacht eine überraschende Wendung nimmt. Das lyrische Ich, welches die Geschichte erzählt, unterstreicht die Komik und die menschlichen Schwächen der Hauptfiguren, vor allem des Gutmanns.

Formal besteht das Gedicht aus elf vierzeiligen Strophen, was eine klare und einfache Struktur vermittelt. Goethe verwendet einen auffällig klaren und direkten Sprachstil, der den humorvollen Ton des Gedichts verstärkt. Es nutzt Alltagssprache und Dialoge, die die Charaktere authentischer und lebendiger wirken lassen und es entsteht eine fast dramatische Inszenierung der Situation. Es hat keinen ausdrücklichen Reim, aber dennoch einen guten Rhythmus. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Goethes „Gutmann und Gutweib“ eine lustige Erzählung über menschliche Schwächen und Ehekonflikte ist, die in einem einfachen, aber wirkungsvollen Stil präsentiert wird.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Gutmann und Gutweib“ des Autors Johann Wolfgang von Goethe. Im Jahr 1749 wurde Goethe in Frankfurt am Main geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1765 bis 1832 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Goethe ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Zwischen den Literaturepochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren von 1765 bis 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. Der Epoche des Sturm und Drang geht die Epoche der Aufklärung voran. Die Ideale und Ziele der Aufklärung wurden verworfen und es begann ein Rebellieren gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System. Die Vertreter waren meistens junge Autoren, zumeist nicht älter als 30 Jahre. In den Gedichten wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Werke vorheriger Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Schiller, Goethe und die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der deutschen Literaturgeschichte, die von zwei zentralen Dichtern geprägt wurde: Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Die Literaturepoche beginnt 1786 mit Goethes Italienreise und endet 1832 mit dem Tod Goethes. Es gibt aber auch zeitliche Eingrenzungen, die das gemeinsame Schaffen der beiden befreundeten Dichter Goethe und Schiller von 1794 bis zu Schillers Tod 1805 als Weimarer Klassik zeitlich festlegen. Das Zentrum der Weimarer Klassik lag in Weimar. Häufig wird die Epoche auch nur als Klassik bezeichnet. Zu den wichtigsten Motiven der Klassik gehören unter anderem Toleranz und Menschlichkeit. Ein hohes Sprachniveau ist für die Werke der Klassik charakteristisch. Während man in der Epoche des Sturm und Drangs die natürliche Sprache wiedergeben wollte, stößt man in der Klassik auf eine reglementierte Sprache. Die bedeutenden Schriftsteller der Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Weitere bekannte Schriftsteller der Klassik sind Johann Gottfried Herder und Christoph Martin Wieland. Die beiden letztgenannten arbeiteten aber jeweils für sich. Einen konstruktiven Austausch im Sinne eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses gab es nur zwischen Goethe und Schiller.

Das vorliegende Gedicht umfasst 240 Wörter. Es baut sich aus 11 Strophen auf und besteht aus 44 Versen. Die Gedichte „An den Selbstherscher“, „An die Entfernte“ und „An die Günstigen“ sind weitere Werke des Autors Johann Wolfgang von Goethe. Zum Autor des Gedichtes „Gutmann und Gutweib“ haben wir auf abi-pur.de weitere 1618 Gedichte veröffentlicht.

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