Berlin von Joachim Ringelnatz
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Da fährt die Hochbahn in ein Haus hinein |
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Und auf der andern Seite wieder raus. |
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Und blind und düster stemmt sich Haus an Haus. |
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Einmal – nicht lange – müßtest du hier sein. |
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Wo das aufregend gefährlich flutet und wimmelt |
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Und tutet und bimmelt |
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Am Kurfürstendamm und am Zoo. |
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Das Leben in Pelzen und Leder. |
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Es drängt einen so oder so |
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Leicht unter die Räder. |
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Sonst habe ich gut hier gefallen. |
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Man hat mir hohe Gagen angeboten. |
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Aber weißt du: jeder verkehrt hier mit allen, |
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Nur nicht mit stillen Menschen oder mit toten. |
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Ich bin so stolz darauf, dir einen Scheck zu überweisen. |
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Ja, ja, hier heißt es sich durchbeißen. |
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Das gibt mir mancherlei Lehre. |
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Heute ging mir beim Kofferflicken die Nagelschere |
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Entzwei. Not bricht Eisen. – |
Details zum Gedicht „Berlin“
Joachim Ringelnatz
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19
124
1933
Moderne,
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das gegebene Gedicht trägt den Titel „Berlin“ und wurde von Joachim Ringelnatz, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettisten geschrieben, der von 1883 bis 1934 lebte. Eine Einordnung in eine genaue historische Periode gestaltet sich als schwierig, da keine konkreten Daten genannt werden. Jedoch, basierend auf dem Lebenszeitraum des Autors, kann davon ausgegangen werden, dass es zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand, einer Zeit mit vielen sozialen und technologischen Veränderungen in Deutschland, besonders in Berlin, der Stadt, die das Thema des Gedichts ist.
Auf den ersten Blick lässt das Gedicht ein vermitteltes Bild der Stadt Berlin erkennen: hektische und chaotische, mit der Ankündigung einer Hochbahn, die in ein Haus hinein- und auf der anderen Seite herausfährt. Das lyrische Ich scheint von der Stadt fasziniert und gleichzeitig abgestoßen.
Inhaltlich fährt das lyrische Ich fort, us den Aspekt der Hektik und des Chaos zu betonen, der den Kurfürstendamm und den Zoo beherrscht. Das Gedicht konzentriert sich auf das bruisende Leben, auf das Treiben in Pelzen und Leder und trägt eine Note de Risikos in sich, wobei darauf hingewiesen wird, dass das Leben „einen so oder so leicht unter die Räder“ bringen kann, was mutmaßlich eine Warnung oder ein Ausdruck von Angst ist. Es gibt weiterhin eine Einsicht in die sozialen Aspekte der Stadt und kritisiert die oberflächlichen Beziehungen zwischen den Bewohnern Berlins.
Formal und Sprachlich wird eine nüchterne, aber zugleich kraftvolle Sprache genutzt. Der fast prosaische Vers-Stil, im Verbund mit der teilweisen Abwesenheit von Metaphern oder Symbolen, dient dazu, ein realistisches Bild zu skizzieren. Das Gedicht suggeriert Schwung, Bewegung, Lärm und Druck, sowohl in seiner Beschreibung der Stadt als auch in seinen kurzen, schnellen Versen und gibt die Atmosphäre der hektischen Stadt Berlin zu Beginn des 20. Jahrhunderts sowie die daraus resultierende Stimmung des lyrischen Ichs wider.
Weitere Informationen
Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Berlin“. Ringelnatz wurde im Jahr 1883 in Wurzen geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1933 entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das 124 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 19 Versen mit nur einer Strophe. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „Abglanz“, „Abschied von Renée“ und „Abschiedsworte an Pellka“. Zum Autor des Gedichtes „Berlin“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.
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