Apoll und Dafne von Ludwig Christoph Heinrich Hölty
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Apoll, der gern nach Mädchen schielte, |
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wie Dichter thun, |
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sah einst im Thal, wo Schatten kühlte, |
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die Dafne ruh'n. |
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Er nahte sich mit Stutzertritten, |
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mit Ach und Oh, |
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als Dafne schnell mit Zephirschritten |
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dem Gott entfloh. |
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Sie flog voran; Apollo keuchte |
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ihr hitzig nach, |
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bis er die Schöne fast erreichte |
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am Silberbach. |
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Da rief sie: Rettet mich, ihr Götter! |
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Die Thörin die! |
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Zeus winkt und starre Lorbeerblätter |
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umfliegen sie. |
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Ihr Füßchen, sonst so niedlich, wurzelt |
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im Boden fest; |
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Apollo kömmt herangepurzelt |
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und schreyet: Pest! |
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Dann lehnt er seine Wangen |
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ans grüne Holz: |
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Jüngst eine Nimfe, sein Verlangen, |
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der Nimfen Stolz! |
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Er girrt ein Weilchen, sinnt, und pflücket |
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sich einen Kranz, |
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der seine blonden Scheitel schmücket |
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bey Spiel und Tanz. |
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Du arme Dafne! Tausend pflücken |
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nun Kränze sich |
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von deinen Haaren, sich zu schmücken! |
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Du dauerst mich! |
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Die Krieger und die Dichter zausen |
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in deinem Haar, |
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wie Stürme, die den Wald durchbrausen! |
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Die Köche gar! |
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Ja, ja, die braunen Köche ziehen |
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dir Locken aus, |
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zum lieblichen Gewürz der Brühen |
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beym Hochzeitsschmaus! |
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Laßt, Mädchen, euch dieß Beyspiel rühren, |
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das Warnung spricht, |
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und flieht, solang' euch Reitze zieren |
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uns Dichter nicht! |
Details zum Gedicht „Apoll und Dafne“
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1770
Empfindsamkeit
Gedicht-Analyse
Das angesprochene Gedicht stammt von Ludwig Christoph Heinrich Hölty, einem deutschen Dichter, der zwischen 1748 und 1776 lebte. Dies lässt auf eine Einordnung in die Epoche der Empfindsamkeit schließen, die das 18. Jahrhundert prägte.
Das Gedicht erzählt die Geschichte von Apoll und Dafne, einer griechischen Mythenfigur, die vor dem verliebten Gott floh und sich in einen Lorbeerbaum verwandelte. Der erste Eindruck ist lebhaft, gespickt mit dramatischen Bildern und bewegenden Szenen.
Die Inhaltsangabe könnte wie folgt lauten: Apollo, der gern Mädchen beobachtet, sieht Dafne im Schatten ruhen. Er nähert sich ihr, doch sie entkommt ihm. Nach einer Verfolgungsjagd erreicht Apollo Dafne nahe einem Bach. Dort bittet sie die anderen Götter um Hilfe. In der Folge verwandelt sie sich in einen Lorbeerbaum. Apollo ist entsetzt und berührt den Baum, den sie einmal war. Er macht sich aus den Lorbeerblättern einen Kranz. Dafne wird in ihrer baumhaften Gestalt von vielen für ihre Schönheit gepflückt, vom einfachen Koch bis hin zum mächtigen Krieger. Das Gedicht endet mit einer Warnung an die Mädchen, vor den Dichtern zu fliehen, solange sie Attraktivste versprühen.
Höltys Gedicht ist in einem humorvollen, aber auch sarkastischen Ton verfasst und scheint eine Art Parodie auf das klassische Thema des Dichters als Liebhaber zu sein. Das lyrische Ich vermittelt, dass man vor Dichtern, ähnlich wie Dafne vor Apollo, fliehen sollte, da sie die Schönheit und Jugend ausnutzen könnten.
Die Form des Gedichts ist traditionell, bestehend aus Strophen mit jeweils vier Versen. Die Sprache ist klar und verständlich, mit bildhaften Metaphern, die die mythologische Geschichte lebendig machen. Rhythmik und Reimschema folgen einem gleichbleibenden Muster, was dem Gedicht einen fließenden, harmonischen Charakter verleiht. Gleichzeitig durchbricht Hölty diese Harmonie gelegentlich mit humoristischen Ausdrücken und flapsigen Bemerkungen, was zur sarkastischen Stimmung des Gedichts beiträgt.
Weitere Informationen
Ludwig Christoph Heinrich Hölty ist der Autor des Gedichtes „Apoll und Dafne“. Der Autor Ludwig Christoph Heinrich Hölty wurde 1748 in Mariensee geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1770 zurück. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Empfindsamkeit zu. Bei dem Schriftsteller Hölty handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 188 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 44 Versen mit insgesamt 11 Strophen. Der Dichter Ludwig Christoph Heinrich Hölty ist auch der Autor für Gedichte wie „Lebenspflichten“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Apoll und Dafne“ keine weiteren Gedichte vor.
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