Die Lautenstimmer von Conrad Ferdinand Meyer

Schlummernd jüngst in Waldesraum,
Hatt ich einen hübschen Traum:
Etwas regt sich in der Hecke,
Etwas klimpert im Verstecke.
 
Das Gesträuch mit leiser Hand
Teilt ich, bis das Nest ich fand:
Kinder, rings im Grase sitzend,
Mit den hellen Augen blitzend!
 
Rutschend auf dem nackten Knie,
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Stimmten eine Laute sie
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"Sagt, was lagert ihr im Runde?
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Sprecht, was schaffet ihr im Bunde?"
 
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Auf das zarte Werk erpicht,
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Hörten sie die Frage nicht.
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"Seht, wie ist sie zugerichtet!
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Wundgerissen! Fast vernichtet!"
 
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Emsig ward geklopft, gespäht,
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An den Saiten flink gedreht,
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Ließen eine tiefer klingen,
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Ließen eine hohe springen
 
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Endlich klang die Laute rein,
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Und die Kinder spielten fein,
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Bis ich aus dem Traum erwachte
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Und mir seinen Sinn bedachte:
 
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Dumpf entschlummert, jetzo hell,
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Ganz ein anderer Gesell!
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Was die Kinder ohne Fehle
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Stimmten, es war meine Seele!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.8 KB)

Details zum Gedicht „Die Lautenstimmer“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
136
Entstehungsjahr
1825 - 1898
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das vorgelegte Gedicht „Die Lautenstimmer“ stammt von dem Schweizer Dichter Conrad Ferdinand Meyer, der im 19. Jahrhundert lebte und arbeitete. Das klassische lyrische Narrativ des Gedichts ist charakteristisch für Meyers passende Werke in die literarische Epoche des Realismus.

Auf den ersten Eindruck hin handelt das Gedicht von einem naturnahen Traum, in dem sich das lyrische Ich als Beobachter einer Kindergruppe begibt, die versucht, eine kaputte Laute zu stimmen. Dies ist die wörtliche Darstellung der Ereignisse, aber man muss tiefer graben, um den symbolischen und emotionalen Inhalt zu erfassen.

Das lyrische Ich beschreibt detailliert seine Traumsequenz: Nachdem er Geräusche aus einem Versteck gehört hat, entdeckt er eine Gruppe von Kindern, die mit einer kaputten Laute spielen. Trotz der Neugier des lyrischen Ichs auf ihre Aktivität konzentrieren sich die Kinder auf die Laute und bemerken es nicht. Sie reparieren und stimmen das Musikinstrument schließlich, bis es wieder rein klingt. Am Ende des Traums erkennt das lyrische Ich die tiefere Bedeutung und Verbindung dieser Aktivität mit seiner Seele.

In der Bedeutung des Gedichts kann das lyrische Ich eine Metapher für das Bewusstsein oder die Seele des Dichters sein, und die Kinder können als Symbol für den kreativen oder unschuldigen Teil des Selbst stehen. Das Stimmungsbild der Laute und das Interesse der Kinder daran können eine Allegorie für Selbstreflexion und persönliche Entwicklung sein. Die ganze Szenerie spielt sich in einem Traum ab, der oft als Mittel für die innere Selbstreflexion und die Verbindung zum Unterbewusstsein dient.

Formal besteht das Gedicht aus sieben vierzeiligen Strophen und folgt einem klaren Rhythmus und Reimschema, was den Lesefluss flüssig und angenehm macht. Meyers Sprache ist einfach und verständlich, aber kunstvoll in seine poetischen Bilder und Vergleiche eingebunden, die tiefere Emotionen und Gedanken hervorrufen. Das Gedicht erzeugt eine friedliche und fast kindliche Stimmung, die den Prozess der Selbstreflexion und inneren Transformation behutsam vermittelt.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die Lautenstimmer“ des Autors Conrad Ferdinand Meyer. Der Autor Conrad Ferdinand Meyer wurde 1825 in Zürich geboren. Zwischen den Jahren 1841 und 1898 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Meyer ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 136 Worte. Der Dichter Conrad Ferdinand Meyer ist auch der Autor für Gedichte wie „Gespenster“, „Hirtenfeuer“ und „Hochzeitslied“. Zum Autor des Gedichtes „Die Lautenstimmer“ haben wir auf abi-pur.de weitere 80 Gedichte veröffentlicht.

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