Vereinsamt von Friedrich Nietzsche

Die Krähen schrein
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein,
Wohl dem, der jetzt noch - Heimat hat!
 
Nun stehst du starr,
Schaust rückwärts, ach! wie lange schon!
Was bist du Narr
Vor Winters in die Welt entflohn?
 
Die Welt - ein Tor
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Zu tausend Wüsten stumm und kalt!
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Wer das verlor,
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Was du verlorst, macht nirgends Halt.
 
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Nun stehst du bleich,
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Zur Winter-Wanderschaft verflucht,
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Dem Rauche gleich,
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Der stets nach kältern Himmeln sucht.
 
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Flieg, Vogel, schnarr
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Dein Lied im Wüstenvogel-Ton!
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Versteck, du Narr,
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Dein blutend Herz in Eis und Hohn!
 
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Die Krähen schrein
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Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
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Bald wird es schein,
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Weh dem, der keine Heimat hat!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Vereinsamt“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
113
Entstehungsjahr
1844 - 1900
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das vorgestellte Gedicht „Vereinsamt“ stammt von Friedrich Nietzsche, einem einflussreichen deutschen Philosophen, Kulturkritiker, Dichter und klassischen Philologen, der von 1844 bis 1900 lebte. Nietzsche ist bekannt für seine Werke, die Themen wie gute und schlechte Moral, Nihilismus, das Leben nach dem Tod und vieles mehr diskutieren. Dieses Gedicht wurde in Nietzsche's späten Jahren geschrieben, einer Zeit, in der er eine Menge persönlicher und geistiger Kämpfe durchmachte.

Auf den ersten Blick scheint das Gedicht trübsinnig und melancholisch mit der Darstellung von kargen Winterlandschaften und der ständigen Anspielung auf Einsamkeit und Isolation zu sein. Die Anwesenheit von Krähen, die oft als Vorzeichen von Unglück angesehen werden, trägt zu dieser düsteren Atmosphäre bei.

Das lyrische Ich beschreibt die bevorstehende Einsamkeit und Verzweiflung, die sich intensiviert, wenn der Winter naht. Es gibt das Gefühl von Heimweh und Sehnsucht, die durch die Darstellung des Individuums, das in der Kälte verloren geht und sich nach der Wärme und Sicherheit der Heimat sehnt, hervorgerufen wird. Diese starke Sehnsucht nach der „verlorenen“ Heimat kann in einem breiteren Sinne als das Streben des Menschen nach Wärme, Liebe und Zugehörigkeit interpretiert werden.

Die Struktur des Gedichts scheint eine Art Kreislauf darzustellen, beginnend und endend mit denselben Versen über die schreienden Krähen, die in die Stadt fliegen - was die immerwährende Einsamkeit und den unaufhörlichen Kampf des lyrischen Ichs betont.

In Bezug auf den Sprachgebrauch nutzt Nietzsche einfache, aber kraftvolle Worte und Bilder, um sowohl die physische als auch die emotionale Kälte darzustellen, die das lyrische Ich verspürt. Durch die wiederholte Verwendung des Wortes „Narr“ wird der Schmerz und die Hoffnungslosigkeit des lyrischen Ichs akzentuiert. Trotz seiner Einfachheit ist das Gedicht dennoch reich an Emotionen und lässt viele Interpretationen zu.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Vereinsamt“ ein starkes Bild der Einsamkeit zeichnet und die darin liegende Melancholie und Verzweiflung einfängt. Es ist eine Reflexion Nietzsches über den universellen menschlichen Zustand, die Trostlosigkeit des Lebens und die ständige Suche nach einer heimatlichen Zuflucht.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Vereinsamt“ des Autors Friedrich Nietzsche. Geboren wurde Nietzsche im Jahr 1844 in Röcken (Heute Ortsteil von Lützen, Sachsen-Anhalt). Im Zeitraum zwischen 1860 und 1900 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 113 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Friedrich Nietzsche sind „Im deutschen November“, „Gebet in die Morgenröte“ und „Die kleine Hexe“. Zum Autor des Gedichtes „Vereinsamt“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 25 Gedichte vor.

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