Bei den Kapuzinern von Rainer Maria Rilke
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Es hat der Pater Guardian |
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vom Klosterschnaps mir angeboten; |
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ich kenn ihn schon, den dunkelroten, |
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der alle Toten wecken kann. |
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Der Pater sucht den Schlüssel, klein, |
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dort, wo des Sacktuchs Zipfe blauten, |
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und holt den Schatz, den selbstgebrauten, |
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hervor aus dem Reliquienschrein. |
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Und wie er einschenkt, lacht er feist |
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und spricht: »Zu Staub sind die Gebeine, |
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die einstens ruhten in dem Schreine, |
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doch uns erhalten blieb – – – der Geist!« |
Details zum Gedicht „Bei den Kapuzinern“
Rainer Maria Rilke
3
12
68
nach 1891
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Bei den Kapuzinern“ stammt von Rainer Maria Rilke, einem der bedeutendsten Dichter der literarischen Moderne. Er lebte von 1875 bis 1926, was eine zeitliche Einordnung ins späte 19. bis frühe 20. Jahrhundert erlaubt.
Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht etwas trocken und ironisch, mit einer leichten Note von Melancholie. Das Kloster dient als Setting, und die zentrale Handlung dreht sich um ein Ritual des Trinkens von Klosterschnaps.
In einfachen Worten beschreibt das Gedicht eine Begegnung des lyrischen Ichs mit einem Pater Guardian in einem Kapuzinerkloster. Der Pater bietet dem Ich einen speziellen Schnaps an, der so stark ist, dass er „alle Toten wecken kann“, wie es in der ersten Strophe heißt. Der Schlüssel zum Schnaps liegt verborgen bei den Reliquien des Klosters, was seine Kostbarkeit und Heiligkeit unterstreichen könnte. Betrachtet man die letzte Strophe, in der der Pater während des Ausschenkens über den „Geist“ spricht, der nach dem Verfall der sterblichen Überreste erhalten bleibt, scheint der Schnaps durch seine Wirkung als Metapher für das Ewige, das Unsterbliche zu dienen.
Im Hinblick auf Form und Sprache ist das Gedicht durch traditionelle Elemente der Dichtkunst gekennzeichnet: Es besteht aus drei vierzeiligen Strophen, die jeweils in einen Vier-Fuß-Jambus unterteilt sind. Das Versmaß ist durchgehend jambisch und nur im ersten Vers der ersten Strophe durch eine Auftakt verstärkt. Die gereimten Verse (im Kreuzreim-Format ABAB) verleihen dem Text einen rhythmisierenden und liedsähnlichen Charakter.
Der ironische Unterton des Gedichts hat möglicherweise mit Rilkes persönlicher Haltung zur Kirche zu tun; der Dichter war bekannt für seine Kritik an der Institution und für seine radikale Individualität. Hier scheint er die Rolle des Geistlichen und des Klosters und die Rituale, die sie aufrechterhalten, zu karikieren. Es ist jedoch auch möglich, dass der Dichter die spirituelle Erfahrung des Trinkens und seine mögliche Rolle als eine Art sakramentaler Handlung ernst nimmt. Dennoch bleibt eine gewisse Ambivalenz im Ton und inhaltlichen Schluss des Gedichts, die zu denken gibt.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Bei den Kapuzinern“ ist Rainer Maria Rilke. Rilke wurde im Jahr 1875 in Prag geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1891 und 1926. Erscheinungsort des Textes ist Frankfurt am Main. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Der Schriftsteller Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 68 Worte. Der Dichter Rainer Maria Rilke ist auch der Autor für Gedichte wie „Abend“, „Abend“ und „Abend“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Bei den Kapuzinern“ weitere 338 Gedichte vor.
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