Auf meiner Lippe brennend Rot von Georg Weerth

Auf meiner Lippe brennend Rot
Blüht nun die fürchterlichste Not,
Da blüht wie auf verdorrter Flur
Das bittre Kraut des Durstes nur.
 
Zwar hab ich frühe schon und spät
Versucht, was mich kurieren tät:
Liebfrauenmilch genoß ich schon
Als neugeborner junger Sohn.
 
Und frischte drauf den trocknen Schlund
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Mit Wein aus Spanien und Burgund.
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Ja mehr des goldnen Weins ich trank,
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Als Regen auf die Felder sank,
 
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Als Wasser einst im Meere floß,
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Drin Pharao mit Mann und Roß
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Zugrunde ging! Ja Wein soviel,
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Als Wasser übern Rheinfall fiel!
 
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Doch immer, wie zu alter Zeit,
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Plagt mich dasselbe Kreuz und Leid;
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Es stachelt mich des Durstes Dolch,
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Als bissen Schlangen mich und Molch.
 
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Und preßtet ihr am ganzen Rhein
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All Trauben in ein Faß hinein:
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Ich tränk es aus auf einen Zug
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Und hätt noch immer nicht genug.
 
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Und nähmt ihr aus dem ew'gen Rom
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Die Kuppel von Sankt Petri Dom
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Und fülltet sie mit rotem Wein
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Der Becher wär mir noch zu klein!
 
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Drum hab ich lange schon gesagt:
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O schrecklich, wen das Dürsten plagt!
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Er ist wie ein verlaßnes Kind,
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Das nirgends Ruh und Freude find't.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.3 KB)

Details zum Gedicht „Auf meiner Lippe brennend Rot“

Autor
Georg Weerth
Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
188
Entstehungsjahr
1822 - 1856
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht trägt den Titel „Auf meiner Lippe brennend Rot“ und wurde von Georg Weerth geschrieben, einem deutschen Dichter und Schriftsteller des 19. Jahrhunderts. Zu seiner Zeit war er bekannt für seine sozialkritischen Texte. Das Gedicht besteht aus acht Strophen, jede mit vier Versen.

Beim ersten Durchlesen erzeugt das Gedicht einen Eindruck von großer Sehnsucht und Verzweiflung. Es scheint sich um die Beschreibung eines starken Durstes zu handeln, sowohl physisch als auch metaphorisch.

Das lyrische Ich beschreibt, wie es von einem unstillbaren Durst gequält wird. Zugleich versucht es, diesen Durst mit verschiedenen Mitteln zu stillen, unter anderem mit „Liebfrauenmilch“ (möglicherweise ein Hinweis auf Muttermilch und damit die früheste Kindheit), mit reichlich Wein und mit der Vorstellung, den gesamten Rhein oder die Kuppel des Petersdoms in Rom als Trinkgefäß zu benutzen. Doch nichts davon kann den Durst lindern.

Dieser Durst scheint metaphorisch gemeint zu sein, vielleicht ein Synonym für eine tiefe, unerfüllte Sehnsucht oder einen Mangel, den das lyrische Ich verspürt. Die endlosen Vergleiche und Übertreibungen verstärken das Gefühl der Verzweiflung und intensivieren die eindringliche Stimmung des Gedichts.

Formal folgt das Gedicht einer stringenten Struktur mit vier Versen pro Strophe. Der Versrhythmus unterstützt dabei das imageschaffende Moment des Durstes. Beim Sprechakt entsteht ein schnelles Tempo, das gut zur Darstellung von Sehnsucht und Verzweiflung passt.

Die Sprache ist einfach und klar, aber dennoch bildreich. Es gibt viele konkrete und greifbare Bilder wie das „bittre Kraut des Durstes“, „Schlangen und Molche“, die „Kuppel von Sankt Petri Dom“ oder die Vorstellung, den ganzen Rhein auszupressen. Jede dieser Beschreibungen dient dazu, das zentrale Thema des Durstes und der Unzulänglichkeit zu unterstreichen.

Letztlich kann das Gedicht als Ausdruck menschlicher Verzweiflung und tiefer Sehnsucht gesehen werden, die trotz aller Bemühungen nicht gestillt werden können. Es deutet auf das universelle menschliche Thema hin, dass es Aspekte unseres Lebens und unserer Seelen gibt, die einfach nicht befriedigt oder geheilt werden können, egal wie sehr wir es versuchen. Das Gedicht endet mit einer sehr starken und eindringlichen Bildsprache, die das Gefühl des lyrischen Ichs von Verlorenheit und Leere verdeutlicht.

Weitere Informationen

Georg Weerth ist der Autor des Gedichtes „Auf meiner Lippe brennend Rot“. Im Jahr 1822 wurde Weerth in Detmold geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1838 bis 1856 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Junges Deutschland & Vormärz zu. Bei dem Schriftsteller Weerth handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 188 Wörter. Es baut sich aus 8 Strophen auf und besteht aus 32 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Georg Weerth sind „Erst achtzehn Jahr“, „Freund Lenz“ und „Gebet eines Irländers“. Zum Autor des Gedichtes „Auf meiner Lippe brennend Rot“ haben wir auf abi-pur.de weitere 12 Gedichte veröffentlicht.

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