Das Schifflein von Ludwig Uhland

Ein Schifflein ziehet leise
den Strom hin seine Gleise;
es schweigen, die drin wandern,
denn keiner kennt den andern.
 
Was zieht hier aus dem Felle
der braune Waidgeselle?
Ein Horn, das sanft erschallet;
das Ufer widerhallet.
 
Von seinem Wanderstabe
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schraubt jener Stift und Habe
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und mischt mit Flötentönen
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sich in des Hornes Dröhnen.
 
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Das Mädchen saß so blöde,
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als fehlt' ihr gar die Rede;
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jetzt stimmt sie mit Gesange
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zu Horn und Flötenklange.
 
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Die Rud'rer auch sich regen
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mit taktgemäßen Schlägen;
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das Schiff hinunterflieget,
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von Melodie gewieget.
 
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Hart stößt es auf am Strande,
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man trennt sich in die Lande:
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"Wann treffen wir uns, Brüder,
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auf einem Schifflein wieder?"
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Das Schifflein“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
108
Entstehungsjahr
1810
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht ist „Das Schifflein“ von Ludwig Uhland, einem deutschen Dichter und Literaturwissenschaftler der Romantik. Dabei handelt es sich um ein lyrisches Gedicht, welches in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verfasst wurde.

Beim ersten Lesen des Gedichts wird sofort die Metapher des Schiffleins deutlich, dass sich still und leise seinen Weg durch das Wasser bahnt. Die Passagiere des Schiffes sind unbekannt zueinander und doch werden sie auf ihrer Reise durch gemeinsames Musizieren und Singen miteinander verbunden. Das Gedicht endet mit der Ankunft am Ufer und der daraus folgenden Trennung, verbunden mit der Hoffnung der Wiederbegegnung auf einem anderen Schiff.

Inhaltlich geht es in Uhlands Gedicht um eine Schiffsfahrt, bei der die Passagiere zwar zueinander unbekannt, jedoch durch Tätigkeiten und Aktionen miteinander verbunden sind. Diese Verbundenheit wird über das gemeinsame Musizieren und Singen erreicht. Das lyrische Ich spielt dabei die Rolle des Beobachters und Berichterstatters. Naheliegend ist die Interpretation, dass das lyrische Ich mit dem Schiff und der Fahrt als Metapher für das Leben, seine Abschnitte und Begegnungen spielt.

Formal besteht das Gedicht aus sechs vierzeiligen Strophen mit im Wechsel männlich und weiblich endenden Versen, was das Gedicht rhythmisch und melodisch gestaltet. Sprachlich ist es verständlich und gut lesbar, ohne verschachtelte Formulierungen und mit schönen, bildhaften Vergleichen. Die Sprache und der Rhythmus erzeugen eine beruhigende, fast melancholische Stimmung, die den Charakter einer ruhigen Flussfahrt unterstreicht.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Ludwig Uhland in „Das Schifflein“ eine poetische Darstellung der Vergänglichkeit und dennoch der Verbundenheit des Lebens gibt. Jeder Einzelne trägt durch seine Fähigkeiten zum Gelingen der Fahrt - also des Lebens - bei und obwohl man sich am Ende trennt, besteht die Hoffnung des Wiedersehens.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Das Schifflein“ ist Ludwig Uhland. 1787 wurde Uhland in Tübingen geboren. Im Jahr 1810 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Bei dem Schriftsteller Uhland handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Als Romantik wird die Epoche der Kunstgeschichte bezeichnet, deren Ausprägungen sich sowohl in der Literatur, Kunst und Musik als auch in der Philosophie niederschlugen. Die Epoche der Romantik lässt sich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert verorten. Die literarische Romantik kann darauf aufbauend etwa auf die Jahre 1795 bis 1848 datiert werden. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führte die Industrialisierung. Die neue Maschinenwelt förderte Verstädterung und Landflucht. Die zuvor empfundene Geborgenheit war für die Schriftsteller der Romantik in Auflösung begriffen. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. So gilt beispielsweise die Blaue Blume als das zentrale Motiv der romantischen Literatur. Sie symbolisiert Liebe und Sehnsucht und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Romantik. Sie ist der Schauplatz für zahlreiche weitere Motive dieser Epoche: Vergänglichkeit, Tod und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über die Form als auch über den Inhalt des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die festen Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken ist zu beobachten.

Das 108 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Ludwig Uhland ist auch der Autor für Gedichte wie „Waldlied“, „Trinklied“ und „Die Ulme zu Hirsau“. Zum Autor des Gedichtes „Das Schifflein“ haben wir auf abi-pur.de weitere 57 Gedichte veröffentlicht.

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