Bei Nacht von Rainer Maria Rilke

Weit über Prag ist riesengroß
der Kelch der Nacht schon aufgegangen;
der Sonnenfalter barg sein Prangen
in ihrem kühlen Blütenschooß.
 
Hoch grinst der Mond, der schlaue Gnom,
und neckend streut er das Gesträhne
der weißen Silberhobelspäne
hernieder in den Moldaustrom.
 
Da plötzlich, wie beleidigt, hat
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zurückgerufen er die Strahlen,
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weil er gewahr ward des Rivalen:
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der Turmuhr helles Stundenblatt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Bei Nacht“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
59
Entstehungsjahr
nach 1891
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Bei Nacht“ wurde von Rainer Maria Rilke, einem bedeutenden lyrischen Dichter der literarischen Moderne, verfasst. Seine Lebensdaten (geboren 1875, gestorben 1926) lassen darauf schließen, dass das Gedicht in der Zeitspanne des späten 19. oder frühen 20. Jahrhunderts entstanden ist.

Der erste Eindruck beim Lesen des Gedichts bietet eine Szene der nächtlichen Prager Landschaft, die durch intensive Bildsprache und eine gewisse Mystik charakterisiert ist.

Inhaltlich erzählt das Gedicht vom Übergang vom Tag zur Nacht und der damit einhergehenden Veränderung der Atmosphäre in einer Stadt, hier speziell Prag. In der ersten Strophe wird der Abend bzw. die Nacht durch mondähnliche Metaphern wie „der Kelch der Nacht“ und der Sonnenfalter, der sein „Prangen“ in das Dunkle begibt, verdeutlicht. In der zweiten Strophe wird der Mond lebendig charakterisiert, er grinst und streut „Silberhobelspäne“ in den Fluss. In der dritten, letzten Strophe stellt Rilke einen Konflikt dar: Der Mond zieht seine Strahlen zurück, da er sich von der Turmuhr, die als Rivale dargestellt wird, beleidigt fühlt.

Rilke nutzt eine teilweise personifizierte Sprache, um verschiedene Elemente der Nacht (Mond, Nacht selbst und Turmuhr) quasi lebendig zu machen. Dies erzeugt eine Art intimen Dialog oder eine stille Konversation zwischen diesen Elementen und dem lyrischen Ich.

Formal besteht das Gedicht aus drei Strophen, jede mit vier Versen, was eine klare und symmetrische Struktur suggeriert. Die Sprache ist reich an Bildern und Metaphern, die Natur und Stadtleben miteinander verbinden und die sinnliche Erfahrung des lyrischen Ichs hervorheben.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Rilkes „Bei Nacht“ das alltägliche Phänomen des Übergangs von Tag zu Nacht nutzt, um einen tieferen Einblick in die Empfindungen und Wahrnehmungen des lyrischen Ichs zu bieten. Die Personifizierung von typischen Nacht-Elementen verstärkt den Eindruck der Nacht als eine lebendige, dynamische und mysteriöse Zeit, die sowohl Konflikte als auch Schönheit hervorbringen kann.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Bei Nacht“ des Autors Rainer Maria Rilke. 1875 wurde Rilke in Prag geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1891 und 1926. Erschienen ist der Text in Frankfurt am Main. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 59 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Der Dichter Rainer Maria Rilke ist auch der Autor für Gedichte wie „Abend in Skaane“, „Absaloms Abfall“ und „Adam“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Bei Nacht“ weitere 338 Gedichte vor.

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