Der Unersättliche von Heinrich Seidel

Und würden zu Rum die Ströme,
Und würden die Meere zu Wein,
Und schmölzen dahin alle Inseln
Als Zuckerhüte hinein,
Und drückt' man den Mond als Zitrone
Hinein in die köstliche Fluth,
Und heizte die riesige Bowle
Mit der Erde vulkanischer Gluth,
Und könnt' ich dann liegen und schlürfen
10 
Und trinken ohn' Aufenthalt
11 
Es würde doch nimmer bestehen
12 
Vor meines Durstes Gewalt!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.8 KB)

Details zum Gedicht „Der Unersättliche“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
62
Entstehungsjahr
1842 - 1906
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Unersättliche“ stammt von dem Dichter Heinrich Seidel, der von 1842 bis 1906 lebte. Das lässt vermuten, dass es in die literarische Epoche des Realismus einzusortieren ist.

Beim ersten Eindruck fällt die fast schon groteske Ausmalung von Genuss und Übersättigung auf. Das lyrische Ich scheint ein gewaltiges Verlangen zu haben, das selbst unter extremsten Bedingungen nicht gestillt werden kann.

Der Inhalt des Gedichtes beschreibt eine Sequenz von zunehmend übertriebenen und absurden Metaphern dafür, wie die natürlichen Ressourcen der Welt genutzt werden könnten, um einen übermächtigen Durst zu stillen. Anhand dieser Metaphern verdeutlicht das lyrische Ich seine despotische Gier bzw. seinen nie enden wollenden Durst. Trotz der Überfülle an Ressourcen - von den Strömen Rum, über Meeren aus Wein und Inseln aus Zucker, bis hin zum ausgedrückten Mond und der vulkanischen Glut der Erde - bleibt das lyrische Ich unersättlich und wird seinem Namen gerecht.

Vom formalen Aspekt her besteht das Gedicht aus nur einer zwölfzeiligen Strophe, was ein ungewöhnliches Format darstellt. Die Sprache des Gedichts ist eher klar und direkte, und es fehlt die typische lyrische Dichte vieler Gedichte. Allerdings ist die Kombination von Alltagsrealität und absurd-phantastischen Elementen auffällig. In Seidels humorvoll-ironischer Darstellung wird der realistische Anspruch einer wahrheitsgetreuen Darstellung auf die Spitze getrieben und ad absurdum geführt. Der dominierende Gebrauch von Konjunktiven deutet zusätzlich auf den hypothetischen Charakter der beschriebenen Szenarien hin.

Insgesamt kommentiert Seidels Gedicht auf humorvolle Weise die Gier und Unersättlichkeit der Menschen und ihre Auswirkungen auf die Natur und Umwelt. Auch die Tendenz zur Übertreibung und Groteske kann als Kritik an der maßlosen Habgier interpretiert werden. Das Gedicht wirft damit auch Fragen zum menschlichen Konsumverhalten und zur nachhaltigen Nutzung von Ressourcen auf. Diese Themen sind heute noch genauso relevant wie zur Zeit Seidels.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der Unersättliche“ ist Heinrich Seidel. 1842 wurde Seidel in Perlin (Mecklenburg-Schwerin) geboren. In der Zeit von 1858 bis 1906 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zuordnen. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das 62 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 12 Versen mit nur einer Strophe. Die Gedichte „Die Musik der armen Leute“, „Der Zug des Todes“ und „Der Tod Moltkes“ sind weitere Werke des Autors Heinrich Seidel. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Unersättliche“ weitere 216 Gedichte vor.

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