Der Storch von Heinrich Seidel

Der Storch kommt aus Egypterland,
Weil Frühlingslüfte riefen.
Er steht auf seinem alten Stand
Und klappert Hieroglyphen.
 
Da nun Poeten überall
Der Vogelsprache kundig,
So auch den ganzen Klapperschwall
Des braven Storchs verstund ich.
 
Da er zurück von Pyramid',
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Von Nil und Krokodil kam,
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So war's ein gar vergnüglich Lied
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Vom wunderschönen Nilschlamm.
 
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Ein jeder Storch am Nilschlamm hängt
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Und klapprig ihm zu Muth wird,
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Wenn er an seinen Nilschlamm denkt,
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Und wie's dem Storch da gut wird!
 
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Da krabbelt's hin, da krabbelt's her,
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Und allerwegen hüpft es!
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Man geht umher und schmauset sehr,
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So glatt hernieder schlüpft es.
 
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Auch weiß der Störche Tradition
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Aus grauer Zeit zu sagen:
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Die wundervolle Märe von
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Egyptens sieben Plagen.
 
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Die Frösche millionenweis'!
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Das war ein Morden schmausend!
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O Zeit, du aller Zeiten Preis,
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Du schwandest manch Jahrtausend!
 
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Doch ward erzählt von Ahn zu Ahn
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Die Sage so vorzüglich
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Jetzt denkt auch dieser Storch daran
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Und klappert so vergnüglich.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26 KB)

Details zum Gedicht „Der Storch“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
155
Entstehungsjahr
1842 - 1906
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Storch“ wurde von Heinrich Seidel verfasst, einem deutschen Schriftsteller, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte und arbeitete.

Beim ersten Lesen des Gedichts entsteht der Eindruck, dass es sich um eine leichte und doch reflektierende Vibes vermittelt, die sowohl die Phänomene des Naturzyklus als auch die Menschheit in Beziehung zur Natur betrachtet. Es erweckt nostalgische Gefühle und lässt gleichzeitig Raum für Interpretationen und persönliche Kenntnisse über die Natur und die Tiere.

Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich die Rückkehr eines Storchs aus Ägypten, der frühlingsgetrieben zu seinem angestammten Platz zurückkehrt und dabei in gewisser Weise Hieroglyphen „erzählt“. Der Dichter behauptet, in der Vogelsprache bewandert zu sein und die „Geschichte“ zu verstehen, die der Storch erzählt. Diese Geschichte handelt vom wunderschönen Nilschlamm, in dem der Storch seine Mahlzeiten holt, und von Ägyptens sieben Plagen, die der Storch aus der „grauen“ Vergangenheit kennt.

In Form und Sprache ist das Gedicht verspielt und leicht zugänglich. Es ist in achten vierzeiligen Strophen verfasst, was eine angenehme Strukturgebung ausmacht. Die Sprache ist klar und direkt, das Vokabular ist einfach und leicht verständlich. Es gibt einige schöne Metaphern und Vergleiche, wie die Idee des Nilschlamm als eine Art Paradies für den Storch oder die Darstellung der sieben Plagen als eine Erinnerung aus der grauen Vergangenheit.

Insgesamt lässt sich sagen, dass das Gedicht „Der Storch“ eine warme und nostalgische Erzählung ist, die die Schönheit und Bedeutung der Natur sowie die Verbindung zwischen Mensch und Natur auf elegante Weise beleuchtet. Es verbindet Geschichte, Tierwelt und menschliche Beobachtung auf eine Weise, die zum Nachdenken anregt, aber auch leicht und angenehm zu lesen ist.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Storch“ des Autors Heinrich Seidel. Seidel wurde im Jahr 1842 in Perlin (Mecklenburg-Schwerin) geboren. Im Zeitraum zwischen 1858 und 1906 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das 155 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Die Gedichte „Der Luftballon“, „April“ und „Die Musik der armen Leute“ sind weitere Werke des Autors Heinrich Seidel. Zum Autor des Gedichtes „Der Storch“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 216 Gedichte vor.

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