Abschied von Fanny von Carl Ludwig Fernow
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Nicht in Thränen, nicht in feigen Klagen |
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Wimmre länger, mein verhaltner Schmerz! |
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Länger dich in meiner Brust zu tragen, |
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Wäre Schmach für dies gekränkte Herz. |
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Dass ich aus dem Sklavenband mich flechte, |
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Das ein Jahr mich trügerisch umschlang, |
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Rang ich sieben schlummerlose Nächte; |
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Rang ich muthig sieben Tage lang. |
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Sieh! ich gab mit argwohnfreyer Seele |
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Dir mein ganzes, offnes Herz dahin, |
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Wähnte dich ein Mädchen ohne Fehle, |
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Hielt Verstellung für geraden Sinn; |
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Für Natur, für unbefangne Jugend, |
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Jene Offenheit, die mich entzückt; |
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Freute mich der seltnen Mädchen Tugend, |
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War beglückt – in meinem Wahn beglückt. |
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Freyheit, Freude, alles was das Leben |
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Süßes hat, hätt’ ich um dich gewagt; |
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Eine Welt hätt’ ich um dich gegeben, |
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Einer Seligkeit für dich entsagt. |
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Aber dir, vom Leichtsinn fortgerissen, |
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War die Liebe Thorheit und Gedicht; |
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Scherzend trieb dein schlummerndes Gewissen |
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Tändeley mit Treue, Schwur und Pflicht. |
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Schlaue Kunst, mit Grazie verbunden, |
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War, was ich an dir natürlich pries, |
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War das Netz, wovon in jenen Stunden |
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Sich mein Herz so leicht umgarnen ließ. |
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Wahrheit sprach in Mienen und Geberden; |
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Wahrheit in der Stimme Silberlaut; – |
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Konnt’ ichs ahnden, so getäuscht zu werden! |
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Selbst ein Engel hätte dir getraut. – |
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Wonneahndend, wie vom niedern Staube |
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Psyche den entbundnen Fittich hebt, |
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Und empor nur Amaranthenlaube |
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Ihrem Liebling in die Arme schwebt, |
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Eil’ ich mit der Sehnsucht heissem Schmachten, |
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Langentbehrte! deinen Fluren zu; |
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Jedes Glück hieß Liebe mir, verachten; |
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Denn mein Eines höchstes Glück warst du! |
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Dein Entzücken, das mir Blick und Miene, |
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Das die innige Umarmung log, |
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War Grimasse, Gaukelspiel der Bühne, |
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Das im Rausch der Wonne mich betrog. |
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Bleich vom Kummer sah ich deine Wangen; |
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Doch sie waren nicht um mich gebleicht; |
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Neuer Liebe folterndes Verlangen |
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Hatte ihre Rosen fortgescheucht. |
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Wo sind nun die schöngeträumten Plane, |
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Meiner Phantasieen Feenland? |
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Schlösser, aufgebaut im Fieberwahne, |
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Auf der Weibestreue Uferland. |
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Hingeschwunden mit des Blitzes Schnelle; |
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Leicht, wie Träume der Vergangenheit |
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Weggegaukelt von der Launen Welle; |
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Weggeweht vom Hauch der Eitelkeit. |
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Gaukle dann mit deinem leeren Herzen, |
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Deinem Liebeln, deinem Flattersinn, |
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Leicht genug, ein Leben weg zu scherzen, |
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Deiner Jugend kurzen Lenz dahin. |
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Hasche dir für deinen Siegeswagen |
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Jeden leichten luft’gen Schmetterling, |
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Der, von Zephyrs Flügeln fortgetragen, |
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Hier und dort an allen Blumen hieng. |
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Wie ein Riese, stark und unbezwungen, |
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Faßte mich die Hyder Leidenschaft. |
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Wie ein Mann hab’ ich mich mit ihr gerungen, |
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Aufgewandt die Summe meiner Kraft; |
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Achtend nicht des Schmerzes, nicht der Wunden, |
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Hab’ ich sie im heissen Kampf besiegt, |
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Daß die Ruhemörderinn gebunden, |
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Matt und sterbend mir zu Füssen liegt. |
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Stehe nun, mein edler Stolz, zur Wache, |
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Daß sie nicht aufs neue sich empört, |
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Daß dies Herz im Vorwand eitler Rache |
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Nicht in neuen Reitzen sich bethört. |
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Schon zu theuer, ohne Schuld, bezahle |
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Ich der Liebe kurze Schwärmereyn; |
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Und ich möchte nicht zum zweyten Mahle |
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Einer Mädchenlaune Opfer seyn. |
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F – w. |
Details zum Gedicht „Abschied von Fanny“
Carl Ludwig Fernow
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463
1793
Klassik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Abschied von Fanny“ stammt von dem Dichter Carl Ludwig Fernow, der von 1763 bis 1808 lebte. Somit lässt es sich zeitlich in die Epoche der deutschen Aufklärung einordnen.
Auf den ersten Blick handelt es sich um eine Abschieds- und Trennungsdichtung, die von einem lyrischen Ich erzählt, das von einer geliebten Frau namens Fanny enttäuscht wurde.
Inhaltlich beklagt das lyrische Ich die vergebene Liebe und falschen Hoffnungen, die es in der Dame fand. Es fühlte sich von Fanny getäuscht, da es glaubte, sie sei ein tugendhaftes und aufrichtiges Wesen, während sie in Wirklichkeit mit ihm spielte. Trotz der Bitterkeit und des Schmerzes über ihren Verrat, bewahrt das lyrische Ich seine Würde und weigert sich, weiterhin ein Sklave seiner Leidenschaft zu sein. Es erklärt seine Absicht, sich von der Tyrannei seiner eigenen Gefühle zu befreien und Fanny endgültig loszulassen, ohne in Selbstmitleid zu versinken.
Im Hinblick auf die Form besteht das Gedicht aus elf Strophen mit meistens acht Versen – bis auf die letzte Strophe, die nur einen Vers aufweist. Die Sprache Fernows ist dabei eher formell und passt gut zur melodramatischen Natur des Inhalts. Sie zeichnet sich durch eine reiche Bildlichkeit und Metaphorik aus, mit denen der Dichter das Ausmaß von Verrat, Schmerz und das Ende von Illusionen offenbart. Seine Versform ist geprägt von Paarreimen und einem festen Metrum, was dem Gedicht einen rhythmischen, fast singbaren Charakter verleiht.
Insgesamt transportiert das Gedicht starke Emotionen, und bietet gleichzeitig tiefe Einblicke in die innere Welt des lyrischen Ichs, die durch eine kluge und prägnante Sprache gekonnt zum Ausdruck gebracht wird.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Abschied von Fanny“ des Autors Carl Ludwig Fernow. Im Jahr 1763 wurde Fernow in Blumenhagen (Vorpommern) geboren. 1793 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Klassik zu. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 463 Wörter. Es baut sich aus 11 Strophen auf und besteht aus 81 Versen. Zum Autor des Gedichtes „Abschied von Fanny“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.
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