Rosalie und Amalie von Heinrich Seidel

Die eine hiess Rosalie,
Die andre hiess Amalie
Ich liebt' sie alle zwei.
Und keine mocht' ich missen,
Mein Herz war mir zerrissen
Und meine Ruh vorbei.
 
Die eine weiss und hold war
Und röthlich blond wie Gold war
Und schlank - das lieb' ich sehr.
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Die andre mehr brünett war
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Und ein klein wenig fett war!
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Das schätz' ich fast noch mehr.
 
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Dem blumenreichen Weine
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Vom Rheine glich die eine
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Das war mir eben recht!
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Doch - feuriger und freier
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Die andre dem Tokaier!
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Und das ist auch nicht schlecht
 
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So hin und her gezogen
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Und auf und ab gebogen,
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Als wie vom Wind ein Ast
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Mit Zaudern und mit Schwanken,
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Mit grübelnden Gedanken
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Hab' ich die Zeit verpasst.
 
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Sie liessen beid' mich wandern:
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Die eine nahm 'nen andern
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Und liess mich lächelnd stehn.
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Die andre nahm sich einen,
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Und mit geknickten Beinen
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Konnt' ich nach Hause gehn.
 
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Dem edlen Wein vom Rheine
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Und dem Tokaierweine
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Verglich sie einst mein Herz:
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Und als verschmähter Freier
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in Rheinwein und Tokaier
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Ersäuft' ich meinen Schmerz.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.2 KB)

Details zum Gedicht „Rosalie und Amalie“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
174
Entstehungsjahr
1842 - 1906
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts „Rosalie und Amalie“ ist Heinrich Seidel, ein deutscher Schriftsteller und Ingenieur, der im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert lebte. Das Gedicht lässt sich somit in die Epoche des Realismus einordnen.

Der erste Eindruck des Gedichts ist heiter und leicht humorvoll, aber mit einer Melancholie in der Nacherzählung der unerwiderten Liebe des lyrischen Ichs zu den beiden Frauen, Rosalie und Amalie.

In einfachen Worten handelt das Gedicht von einem Mann, der verliebt ist in zwei Frauen, Rosalie und Amalie. Er kann sich nicht entscheiden, welche der beiden er bevorzugt, da beide für ihn ihre einzigartigen Anziehungspunkte haben. Rosalie wird als liebreizend und blond beschrieben, während Amalie mehr brünett und ein wenig korpulenter ist. Er vergleicht beide mit verschiedenen Arten von Weinen, was auf ihren jeweiligen Charakter und Charme hindeutet. Doch seine Unentschlossenheit führt dazu, dass beide Frauen sich andere Männer suchen und ihn zurücklassen. Am Ende des Gedichts ertränkt das lyrische Ich seine Trauer und seinen Schmerz in genau den Weinen, mit denen er zuvor die beiden Frauen verglichen hatte.

In Bezug auf die Form und Sprache des Gedichts folgt es einem klaren Rhythmus und Reimschema. Jede Strophe besteht aus sechs Versen, die jeweils in einem abcbdd Reimschema enden. Der Sprachstil ist nahe am Alltagssprachgebrauch und drückt auf einfache Weise komplexe Emotionen und Zustände aus. Die Sprache ist bildhaft, die beiden Frauen werden detailliert und metaphorisch beschrieben, vor allem in den direkten Vergleichen mit verschiedenen Weinen. Diese Darstellung deutet auf die damalige gesellschaftliche Erwartung einer idealen Frau hin: schön, anziehend, aber auch abwechslungsreich und einzigartig in ihrem eigenen Wesen.

Insgesamt offenbart das Gedicht die romantischen und gesellschaftlichen Konflikte seiner Zeit. Es zeigt die persönliche Qual des lyrischen Ichs in seiner Unentschlossenheit und die daraus resultierende unerwiderte Liebe und Kummer, der schließlich im Alkohol ertränkt wird.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Rosalie und Amalie“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Heinrich Seidel. Der Autor Heinrich Seidel wurde 1842 in Perlin (Mecklenburg-Schwerin) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1858 bis 1906 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zu. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 174 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Die Gedichte „Der Zug des Todes“, „Der Tod Moltkes“ und „Wälder im Walde“ sind weitere Werke des Autors Heinrich Seidel. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Rosalie und Amalie“ weitere 216 Gedichte vor.

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