Moderne Baukunst von Heinrich Seidel

Gab's je 'ne Kunst, die so ins Weite schweifte,
Aus allen Ländern ihre Formen schleifte,
Die, stets den Blick auf fremde Zeit gerichtet,
Den Schnörkelkram der Welten aufgeschichtet?
Gab's je 'ne Kunst, so treibhausmässig hektisch,
So voller Hast, verworren und eklektisch?
Ich glaub es kaum, allein, es ist mal so,
Es wird die Welt des bunten Tandes froh.
Wir können alles heut, es ward uns kund,
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Wie man gebaut im weiten Erdenrund
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Zu allen Zeiten und in jedem Stile,
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Am Euphrat, Ganges, Tiber oder Nile,
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Ob Indisch, Griechisch, Gothisch und Romanisch,
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Ob Renaissance, Chinesisch und Japanisch,
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Ob Byzantinisch, Maurisch und Barocko,
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Und was die neuste Mode ist, Rokoko,
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Wir können alles gleich mit einem male,
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Nur eines nicht, das wirklich Nationale.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Moderne Baukunst“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
121
Entstehungsjahr
1842 - 1906
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Der Autor dieses Gedichts ist Heinrich Seidel, ein deutscher Ingenieur und Schriftsteller, der im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert lebte. Der Inhalt seines Gedichts „Moderne Baukunst“ bezieht sich auf Seidels Zeitperiode, die von tiefgreifenden gesellschaftlichen und technologischen Veränderungen geprägt war.

Beim ersten Eindruck scheint das Gedicht eine Kritik an der hastigen und komplexen Modernisierungstendenz in den Künsten, insbesondere in der Architektur, anzubieten. Seidel äußert den Eindruck, dass die künstlerischen Kreationen seiner Zeit übermäßig von fremden und vergangenen kulturellen Bewegungen beeinflusst sind. So kritisiert er Künstler, die ihre Formen und Inspirationsquellen aus allen Ecken der Welt und aus jeder Ära und Stilrichtung holen. Durch diese Betonung der ekletischen und internationalen Natur der modernen Kunst stellt Seidel die Frage nach der Identität und Authentizität.

Das lyrische Ich scheint die Aussage zu treffen, dass die moderne Kunst alle erdenklichen Baustile imitieren kann und dabei dennoch einen wesentlichen Aspekt vermisst – das „wirklich Nationale“. Diese Aussage scheint auf die Einschätzung des lyrischen Ichs hinzudeuten, dass die moderne Kunst ihre lokale Identität und Authentizität verloren hat.

Das Gedicht folgt keiner strengen metrischen oder rhythmischen Struktur, was sein kritisches und unzufriedenes Ton bezeichnet. Seidels Wortwahl ist scharf und kritisch. Er verwendet Begriffe wie „Schnörkelkram“, „treibhausmässig hektisch“, „verworren und eklektisch“, um die hektische und unübersichtliche Natur der modernen Kunst zu veranschaulichen. Er nutzt auch eine breite Palette von internationalen und historischen Referenzen, um die Vielfalt und den Mangel an Einheitlichkeit in der modernen Kunst zu betonen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Heinrich Seidels „Moderne Baukunst“ eine scharfzüngige Kritik und Reflexion über die hektische und komplizierte Natur der modernen Kunst ist. Das Gedicht fordert seine Leserinnen und Leser heraus, über die Bedeutung von kultureller Identität und Authentizität in der Kunst nachzudenken.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Moderne Baukunst“ ist Heinrich Seidel. Seidel wurde im Jahr 1842 in Perlin (Mecklenburg-Schwerin) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1858 und 1906. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zu. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das 121 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 18 Versen mit nur einer Strophe. Heinrich Seidel ist auch der Autor für Gedichte wie „Arbeit ist das Zauberwort“, „Die schönen Bäume“ und „Meine Puppe kriegst du nicht!“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Moderne Baukunst“ weitere 216 Gedichte vor.

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