November von Heinrich Seidel

Solchen Monat muss man loben:
Keiner kann wie dieser toben,
Keiner so verdriesslich sein
Und so ohne Sonnenschein!
Keiner so in Wolken maulen,
Keiner so mit Sturmwind graulen!
Und wie nass er alles macht!
Ja, es ist 'ne wahre Pracht.
 
Seht das schöne Schlackerwetter!
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Und die armen welken Blätter,
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Wie sie tanzen in dem Wind
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Und so ganz verloren sind!
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Wie der Sturm sie jagt und zwirbelt
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Und sie durcheinanderwirbelt
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Und sie hetzt ohn' Unterlass:
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Ja, das ist Novemberspass!
 
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Und die Scheiben, wie sie rinnen!
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Und die Wolken, wie sie spinnen
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Ihren feuchten Himmelsthau
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Ur und ewig, trüb und grau!
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Auf dem Dach die Regentropfen:
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Wie sie pochen, wie sie klopfen!
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Schimmernd hängt's an jedem Zweig,
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Einer dicken Thräne gleich.
 
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O, wie ist der Mann zu loben,
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Der solch' unvernünft'ges Toben
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Schon im Voraus hat bedacht
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Und die Häuser hohl gemacht!
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So, dass wir im Trocknen hausen
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Und mit stillvergnügtem Grausen
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Und in wohlgeborgner Ruh
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Solchem Greuel schauen zu!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.8 KB)

Details zum Gedicht „November“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
159
Entstehungsjahr
1842 - 1906
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Heinrich Seidel, dessen Lebensspanne 1842 bis 1906 war. Dies lässt auf das 19. Jahrhundert schließen, in dem das Gedicht entstanden sein könnte.

Auf den ersten Eindruck fällt auf, dass das Gedicht eine Art humorvoll-ironische Betrachtung des Monats November bietet. Der herannahende Winter mit seinen typischen klimatischen Bedingungen wird in dichterischer Form veranschaulicht.

Der Inhalt des Gedichts umfasst eine detaillierte Beschreibung des Novembers mit all seinen typischen Eigenschaften: das Wetter, das Laub, der Wind und die dunklen Wolken. Das lyrische Ich preist den November auf ironische Weise für seine rohe Kraft und Besonderheit, die in keine andere Jahreszeit passen würde. Es scheint, als hätte das lyrische Ich ein zwiegespaltenes Verhältnis zum November, vergleicht seine wilden Eigenschaften mit einem 'Toben' und kreiert so ein negatives Bild, doch gleichzeitig scheint es eine gewisse Freude und Schönheit in dem Chaos des Monats zu finden.

In Bezug auf die Form besteht das Gedicht aus vier Strophen mit je acht Versen. Die wiederkehrenden Endungen im Reimschema (ab, ab, cc,dd) tragen zur Strukturierung und zum Rhythmus des Gedichts bei. Im Allgemeinen verwendet Heinrich Seidel eine einfache, alltägliche Sprache, die leicht verständlich ist. Er benutzt viele Metaphern und bildhafte Ausdrücke, um die Elemente des Novembers lebendig zu machen, wie zum Beispiel das „Schlackerwetter“, die „wirbelnden Blätter“ oder die „spinnenden Wolken“.

Seine Darstellung des Novemberwetters und des Übergangs der Jahreszeiten als eine Art stürmisches „Toben“ gibt dem Gedicht eine gewisse Dramatik. Gleichzeitig zeigt die abschließende Strophe seine Wertschätzung für menschliche Errungenschaften (die „hohlen“ Häuser), die den Menschen Schutz vor den Elementen bieten. Auch dies ist ein interessanter Aspekt des Gedichts, da es eine Balance zwischen der Schönheit und Kraft der Natur und der menschlichen Fähigkeit, sich gegen sie zu schützen, suggeriert.

Weitere Informationen

Das Gedicht „November“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Heinrich Seidel. 1842 wurde Seidel in Perlin (Mecklenburg-Schwerin) geboren. In der Zeit von 1858 bis 1906 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das vorliegende Gedicht umfasst 159 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 32 Versen. Heinrich Seidel ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Gaben“, „Der Luftballon“ und „April“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „November“ weitere 216 Gedichte vor.

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