Avant-propos von Joachim Ringelnatz

Ich kann mein Buch doch nennen, wie ich will
Und orthographisch nach Belieben schreiben!
Wer mich nicht lesen mag, der laß es bleiben.
Ich darf den Sau, das Klops, das Krokodil
Und jeden andern Gegenstand bedichten,
Darf ich doch ungestört daheim
Auch mein Bedürfnis, wie mir's paßt, verrichten.
Was könnte mich zu Geist und reinem Reim,
Was zu Geschmack und zu Humor verpflichten? –
10 
Bescheidenheit? – captatio – oho!
11 
Und wer mich haßt, – – sie mögen mich nur hassen!
12 
Ich darf mich gründlich an den Hintern fassen
13 
Sowie an den avant-propos.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24 KB)

Details zum Gedicht „Avant-propos“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
13
Anzahl Wörter
87
Entstehungsjahr
1924
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht wurde von Joachim Ringelnatz verfasst, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettist des frühen 20. Jahrhunderts. Das Gedicht lässt sich daher in die Epoche der Weimarer Republik einordnen.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht selbstbewusst und rebellisch. Ringelnatz macht klar, dass er sich in seiner Kunstfreiheit nicht beschränken lässt und kritisiert wohl auch die rigiden Konventionen des literarischen Betriebs.

Inhaltlich geht es in „Avant-propos“ (ein französischer Begriff für „Vorwort“) um den Wunsch des lyrischen Ichs, sich künstlerisch frei entfalten zu können. Er will sein Buch nach seinen eigenen Vorstellungen gestalten und niemand soll ihm vorschreiben, was er tun und lassen soll (Verse 1-7). Der Sprecher stellt auch die Frage, was ihn überhaupt zu Geist, Reim, Geschmack und Humor verpflichten sollte (Verse 8-9), und weist die Notwendigkeit einer Bescheidenheit und Selbstzurückhaltung (Vers 10) ab. Er kümmert sich nicht darum, ob er gehasst wird oder nicht (Verse 11-12) und betont noch einmal seine künstlerische Freiheit (Vers 13).

Formal fällt auf, dass das Gedicht ein einstrophiger Blankvers ist, also ohne festes Reimschema und Metrum. Die Sprache ist klar und unverblümt, fast schon derb - eine typische Charakteristik von Ringelnatz Gedichten. Interessant ist der Einsatz von herausfordernden, fast provokativen Aussagen (z. B. „Ich darf den Sau, das Klops, das Krokodil... bedichten“), die Ringelnatz' lockeren Umgang mit der Sprache und seine Abneigung gegen konventionelles Schreiben verdeutlichen.

Insgesamt ist das Gedicht „Avant-propos“ eine Art Manifest von Ringelnatz künstlerischer Freiheit und Unabhängigkeit. Er prangert die Beschränkungen und Erwartungen der literarischen Welt an und betont stattdessen die Bedeutung von Originalität und Individualität in der Kunst.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Avant-propos“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. Ringelnatz wurde im Jahr 1883 in Wurzen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1924 zurück. Der Erscheinungsort ist München. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das 87 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 13 Versen mit nur einer Strophe. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Alone“, „Alte Winkelmauer“ und „Alter Mann spricht junges Mädchen an“. Zum Autor des Gedichtes „Avant-propos“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

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