Mahnung von Emanuel Geibel

Andre Zeit hat andre Weise,
nimmer kehrt zurück, was war;
doch der Eichbaum grünet leise
wieder wie im vor'gen Jahr.
Frisch verjüngt und doch der alte,
steht er da und sproßt und treibt;
ob die Form sich umgestalte,
das Gesetz des Lebens bleibt.
 
Und so magst du kühn erlesen,
10 
du, mein Volk, was frisch und neu;
11 
doch in deinem tiefsten Wesen
12 
bleib, o bleib dir selbst getreu!
 
13 
Wie sich Brauch und Satzung färben,
14 
laß von deinen Sternen nicht!
15 
Das Geschlecht ist reif zum Sterben,
16 
das mit seiner Vorzeit bricht.
 
17 
Mut und Treue sonder Fehle,
18 
Einfalt, die vom Herzen klingt,
19 
und den tiefen Zug der Seele,
20 
der nach seinem Gotte ringt,
21 
wahrst du die, wohlan so wage
22 
jeden Kampf voll Siegeslust!
23 
Denn du trägst zukünft'ger Tage
24 
frohe Bürgschaft in der Brust.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Mahnung“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
130
Entstehungsjahr
1815 - 1884
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Mahnung“ wurde von Emanuel Geibel verfasst, einem deutschen Dichter der Spätromantik, der von 1815 bis 1884 lebte.

Beim ersten Lesen des Gedichts fällt der ernste Ton auf, der im Titel „Mahnung“ bereits angedeutet wird. Geibel stellt Natur und Mensch in einen Zusammenhang und zieht daraus Schlüsse für das Verhalten der Menschen.

Im ersten Teil des Gedichts vergleicht Geibel den Zyklus des Lebens mit dem eines Eichenbaums. Trotz der ständigen Veränderung und Erneuerung bleibt das Wesentliche, das Lebensgesetz, erhalten. Das lyrische Ich ermutigt das Volk, offen für Neues zu sein, aber sich selbst und seiner Natur treu zu bleiben. Es warnt vor dem Tod und dem Verlust von Brauchtum, wenn sich das Volk von seiner Geschichte abwendet.

In den letzten Versen betont das lyrische Ich erneut die Bedeutung von Mut, Treue und Ehrlichkeit. Diese Tugenden und das Streben nach Gott sind laut Geibel der Schlüssel zu einem siegreichen Leben.

In Bezug auf Form und Sprache ist das Gedicht in vier Strophen gegliedert, die jeweils aus unterschiedlicher Anzahl von Versen bestehen. Geibel verwendet eine einfache, verständliche Sprache, um seine Botschaft zu vermitteln. Das lyrische Ich spricht das Volk direkt an, was den eindringlichen Charakter der „Mahnung“ verstärkt.

Zusammenfassend interpretiert, mahnt das Gedicht zur Bewahrung von Charakter und Tradition vor dem Hintergrund von Veränderung und Fortschritt. Es ruft dazu auf, sich bewusst und mit Bedacht neuem zu öffnen, aber nicht sich selbst und das Wesentliche im Leben zu verlieren. Es ist eine Aufforderung, sich auf innere Werte und Tugenden zu besinnen, die Zeit überdauern und stabilisierend wirken, unabhängig von äußeren Veränderungen.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Mahnung“ ist Emanuel Geibel. Geboren wurde Geibel im Jahr 1815 in Lübeck. Das Gedicht ist in der Zeit von 1831 bis 1884 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus oder Naturalismus zuordnen. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das vorliegende Gedicht umfasst 130 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Weitere Werke des Dichters Emanuel Geibel sind „Die beiden Engel“, „Zu spät“ und „Es brach schon manch ein starkes Herz“. Zum Autor des Gedichtes „Mahnung“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 67 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Emanuel Geibel (Infos zum Autor)

Zum Autor Emanuel Geibel sind auf abi-pur.de 67 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.