Das Menschenbewusstsein von Ludwig Eichrodt

Wie muß ich meinem Schöpfer danken,
daß ich nicht eine Kröte ward,
die ohne sittliche Gedanken
im Kote nur sich wälzt und scharrt,
ich bin ein Mensch, vor Gott zu wandeln
kein Schamgefühl bringt mir mein Handeln.
 
Wär' ich ein Ochs an seiner Krippe,
ich wüßte mir zu helfen nicht,
kein Wort belebte meine Lippe,
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verstehen könnt' ich kein Gedicht.
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Wie müßt' ich mich unglücklich fühlen,
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wenn ich nur könnte sinnlos brüllen!
 
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Wär' ich zum Tiger gar verfluchet,
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der raubt und mordet grausen Sinns,
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in Wildheit sich die Gattin suchet
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ich schauderte zu sehn: ich bin's.
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Gottlob, daß ich ein Mensch geworden,
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der nicht den Trieb hat, wild zu morden.
 
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Oh, Mensch zu sein von Gottes Gnaden,
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gut sein zu dürfen, fromm und rein,
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die Vögel, Fische, Molche, Maden,
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sie ahnen nicht, was das mag sein.
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Der Seraph aber muß uns neiden,
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denn er entbehrt Familienfreuden.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.8 KB)

Details zum Gedicht „Das Menschenbewusstsein“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
146
Entstehungsjahr
1827 - 1892
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „Das Menschenbewusstsein“ und wurde von Ludwig Eichrodt verfasst, einem deutschen Dichter des 19. Jahrhunderts. Eichrodt lebte von 1827 bis 1892, sodass man das Gedicht zeitlich in das Spätzeitwerk des Biedermeier und in die Frühphase der literarischen Moderne einordnen könnte.

Der erste Eindruck ist, dass das Gedicht ein Loblied auf das Sein des Menschen darstellt. Eichrodt thematisiert die sittlichen und intellektuellen Fähigkeiten des Menschen und stellt sie über diejenigen der Tiere.

Im Inhalt stellt das lyrische Ich fest, dankbar zu sein, kein Tier, sondern ein Mensch zu sein. Es hebt dabei sowohl die dankenswerte Freiheit vom reinen Triebhandeln (Kröte, Ochs, Tiger) hervor als auch die Möglichkeit zur Güte und Frömmigkeit. Weiterhin betont das lyrische Ich, dass nur ein Mensch die Fähigkeit hat, Gedichte zu verstehen und die Freude an der Familie zu empfinden.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen mit je sechs Versen. Der Rhythmus ist gleichbleibend und folgt einer klaren Struktur, was dem Gedicht einen ruhigen, beständigen Charakter verleiht.

Die Sprache des Gedichts ist eindeutig und bilderreich, wobei das lyrische Ich durch die Vergleiche mit den Tieren eine klare Hierarchie zwischen Tier und Mensch aufstellt. Die Verwendung von Wörtern wie „Gottlob“ und „Gnade“ weisen zudem auf einen christlichen Kontext hin.

Insgesamt sendet Eichrodt mit seinem Gedicht „Das Menschenbewusstsein“ eine klare Botschaft: Die Menschheit sollte dankbar für ihre geistigen Fähigkeiten sein und diese sittsam nutzen. Dabei betont er die moralische Überlegenheit des Menschen gegenüber den Tieren und setzt das Menschsein mit dem Privileg von kulturellen und familiären Genüssen gleich.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Das Menschenbewusstsein“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Ludwig Eichrodt. Geboren wurde Eichrodt im Jahr 1827 in Durlach bei Karlsruhe. Zwischen den Jahren 1843 und 1892 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 146 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Ludwig Eichrodt ist auch der Autor für Gedichte wie „Abendfriede“. Zum Autor des Gedichtes „Das Menschenbewusstsein“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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