Aus meiner Kinderzeit von Joachim Ringelnatz
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Vaterglückchen, Mutterschößchen, |
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Kinderstübchen, trautes Heim, |
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Knusperhexlein, Tantchen Rös’chen, |
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Kuchen schmeckt wie Fliegenleim. |
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Wenn ich in die Stube speie, |
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Lacht mein Bruder wie ein Schwein. |
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Wenn er lacht, haut meine Schwester. |
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Wenn sie haut, weint Mütterlein. |
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Wenn die weint, muß Vater fluchen. |
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Wenn er flucht, trinkt Tante Wein. |
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Trinkt sie Wein, schenkt sie mir Kuchen: |
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Wenn ich Kuchen kriege, muß ich spein. |
Details zum Gedicht „Aus meiner Kinderzeit“
Joachim Ringelnatz
3
12
62
1928
Moderne,
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Aus meiner Kinderzeit“ stammt von Joachim Ringelnatz, der von 1883 bis 1934 lebte. Es lässt sich daher in die literarische Epoche des Expressionismus einordnen.
Der erste Eindruck des Gedichts ist humorvoll und ironisch. Es kontrastiert scheinbar idyllische Familienbilder mit absurd-komischen und teils grotesken Szenarien.
Das lyrische Ich gibt in einfachen Worten eine Abfolge von Alltagsszenen aus seiner Kindheit wieder. Diese Szenen kreisen um die Themen Familie, Heim und Alltag, werden jedoch nach und nach immer komischer und surreal. Das lyrische Ich schildert, wie es sich in einer Art Endlosschleife übergeben muss - ausgelöst durch das Essen von Kuchen, der „wie Fliegenleim“ schmeckt.
Dies geschieht in einer Kettenreaktion von Ursache und Wirkung. Jede Handlung löst die nächste aus, und am Ende führt alles wieder zum Ausgangspunkt zurück, einer Art zyklischer, komischer Hölle. Dabei wird auch die Dysfunktionalität von Familienverhältnissen bloßgelegt, in denen jeder auf seine Art versucht, mit den Absurditäten des Alltags umzugehen.
Formal ist das Gedicht in drei Vierzeilerstophen mit freien Versen verfasst. Es gibt keinen Endreim, aber die regelmäßige Wiederholung der Anfangsphrase „Wenn ich/meine/er/sie“ verleiht dem Gedicht eine klare Struktur und einen rhythmischen Fluss. Jede Strophe ist dabei klar einer Person oder Situation zugeordnet.
Die Sprache des Gedichts ist verständlich und alltagsnah, was den komischen Kontrast zwischen der normalen Welt und der absurden Logik des Gedichts noch verstärkt. Die Scherznamen „Vaterglückchen“ und „Mutterschößchen“ sowie Begriffe wie „Knusperhexlein“ oder „Tantchen Rös’chen“ verleihen dem Gedicht zudem einen kindlich-naiven Ton und machen es besonders anschaulich und bildhaft.
Insgesamt kann dieses Gedicht als ironischer Kommentar auf die scheinbare Normalität und Alltäglichkeit von Familienleben gesehen werden, das in Wahrheit voller Dysfunktionalität und Absurdität steckt.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Aus meiner Kinderzeit“ ist Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Im Jahr 1928 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Bei dem Schriftsteller Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 62 Worte. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „...als eine Reihe von guten Tagen“, „7. August 1929“ und „Abendgebet einer erkälteten Negerin“. Zum Autor des Gedichtes „Aus meiner Kinderzeit“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.
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- Abschiedsworte an Pellka
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Zum Autor Joachim Ringelnatz sind auf abi-pur.de 560 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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